Türkischunterricht

Je mehr Sprachen wir können, desto besser für uns. Nur Türkisch nicht. Da wird die Diskussion sofort politisch.

In der türkischen Sprache gibt es kein ck, sehr wohl aber ein hartes k, das rau ausgesprochen, aber eben nur mit einem k wiedergegeben wird. Im muttersprachlichen Unterricht in meiner Vorarlberger Schule haben wir Kinder türkische Wörter oft mit ck statt k geschrieben. Nicht, dass du glaubst, wir waren ein begriffsstutziger Haufen: Vielmehr hat ck, der natürliche Feind unseres Türkischlehrers, den armen Mann derart an den Rand der Verzweiflung gebracht, dass seine Vorschläge für Eselsbrücken immer grotesker wurden. Und darüber haben wir uns in den Pausen natürlich amüsiert wie Kaiser und Könige. Kinder sind so grausam, das kannst du dir überhaupt nicht vorstellen.

Was wir im Türkischunterricht sonst so gemacht haben: Diktate, vorlesen, Landeskunde, türkische Literatur, von allem ein bisschen. Für einen ausführlichen Unterricht waren die Stunden zu wenig, aber was wir zumindest erhalten haben, war ein Gefühl für unsere Muttersprache, zu der wir sonst kaum einen vollständigen Zugang erhalten hätten.

Rumpf. Wenn wir eine Sprache lernen, dann lernen wir sie automatisch und logisch auf mehreren Ebenen: Rechtschreibung, Syntax, Aussprache, Redewendungen, Dialekte usw. Viele Migrantenkinder lernen ihre Muttersprache aber meistens nur vom Hören, der Wortschatz ist auf den Wortschatz des Alltags beschränkt und bleibt auch so. Man bekommt kaum einen Einblick in all diese Ebenen, die es braucht, um eine Sprache vollständig zu begreifen. Was bleibt, ist der Rumpf einer Sprache, die man sprechen, aber kaum lesen und – viel wichtiger– fühlen kann. Diese Kinder sind schlecht vorbereitet für den Deutschunterricht: Sie stolpern in die Schule mit halben Kenntnissen, und daraus sollen die Lehrer eine gepflegte Sprache basteln? Der muttersprachliche Unterricht biegt hier einiges zurecht; es ist nur logisch, diesen Unterricht weiter zu fassen. Mit den meisten Sprachen passiert das auch.

Nur nicht mit Türkisch. Dann wird die Debatte– wir sehen es an der aktuellen Diskussion um die Türkischmatura – sofort politisch. Dadurch würden die Integrationsbemühungen zunichtegemacht, heißt es (Umfragen zufolge führen Türken ja das Integrationsunwilligkeitsranking an). Aber was an der Tatsache, dass wir in Österreich mehr Lehrer mit zusätzlichen Fremdsprachenkenntnissen ausbilden, die in österreichischen Schulen nach österreichischem Lehrplan unterrichten, was also daran integrationsfeindlich sein soll, das habe ich bis heute nicht verstanden.

duygu.oezkan@diepresse.com diepresse.com/diesetuerken

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2014)

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