Fehlentscheidung des Jahres

Jedes Jahr vergibt das Time Magazine die Auszeichnung des "Man of the Year“.

Diesmal ging der Preis an Vladimir Putin, dem zwar attestiert wird, alles andere als ein Demokrat zu sein, dem es aber zumindest gelungen sei, Russland als Nation stabilisiert und auf dem internationalen Parkett zurück ins Konzert der Mächtigen geführt zu haben. Die diesbezüglichen „Leistungen" des russischen Präsidenten sind unbestritten, und dennoch hat Time eine Fehlentscheidung getroffen.

Blickt man auf die Liste der vergangenen Man of the Year-Preisträger, wird verständlich, warum Time die Auszeichnung keineswegs als Ehre verstanden wissen will. Charles Linbergh, der Preisträger des Jahres 1927, hatte zwar als erster mit einem Flugzeug den Atlantik nonstop überquert, gehörte ansonsten aber mit zu den widerlichsten Gestalten, die die amerikanische Rechte dieser Zeit hervorgebracht hat. Sein Antisemitismus wurde allerdings vom Man of the Year des Jahres 1938 übertroffen: Nach dem Triumph des Münchner Abkommens ging der Preis an niemand geringeren, als den „Führer of the German People", Adolf Hitler. Sehr zur Enttäuschung seiner Anhänger wurde diese Errungenschaft in den kommenden Jahren allerdings durch die zweimalige Auszeichnung (1939 und 1942) seines historischen Widersachers in Moskau in den Schatten gestellt.

Mit der Zeit müssen die Anforderungen für den Man of the Year deutlich nachgelassen haben, denn anders sind die Preise für Jimmy Carter (1976), die bedrohte Erde (1988) oder Bono (2005) wirklich nicht zu erklären. (...) Rekordpreisträger ist bis dato übrigens George W. Bush, der schon dreimal alle Konkurrenten ausstechen konnte. (. . .)
Die aktuelle Auszeichnung für Putin bestätigt zwar einen bisherigen Trend, insofern Machthaber aus Moskau immer zu den Favoriten gezählt werden müssen. (...) Meiner Ansicht nach müsste der diesjährige Preis aber ohne Zweifel an die amerikanische Intelligence Community gehen: Wenn ausgerechnet Behörden, die um die Sicherheit der USA und ihrer Verbündeten bemüht sein sollten, einen Report veröffentlichen, der entgegen aller Fakten den Islamfaschisten in Teheran auf dem Weg zur Atombombe grünes Licht gibt, hätten sie sich die Auszeichnung redlich verdient.

Florian Markl
Österreich

http://cafecritique.priv.at/blog

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