Benzin-Krise

Seit über einer Woche bietet sich hier in Burundi dasselbe Bild: ewig lange Autoschlangen vor den Tankstellen.

Taxis, Moto-Taxis, Lkw, private Pkw - wer keinen Tropfen Sprit mehr im Tank hatte, hatte eben Pech. Paradox: Die Lkw, vollgeladen mit „Petrol" stehen neben den Zapfsäulen. Nicht etwa, dass es einen Mangel an Benzin gegeben hätte. Man wollte es einfach nicht herausgeben, weil man eine Preissteigerung erzwingen wollte. Alle Tankstellenbesitzer gemeinsam. (. . .) Gestern ist die Preiserhöhung für Benzin eingetreten. Anstieg von 1600 Burundi-Franc (FBu) pro Liter auf 1860 FBu. Man hat somit die magische 1-Euro-Grenze endgültig überschritten. Auf wen fällt es zurück? Die Verbraucher, die einfachen Leute. Die Buskosten steigen äquivalent, die Preise für Nahrungsmittel und eigentlich für alle Produkte - schließlich muss alles transportiert (. . .) werden.

Die Bilder vor den Tankstellen waren unglaublich - ein Meer von Autos, genervten Leuten, sturen Tankwarten. Kein vorwärts, kein rückwärts. Stillstand. Warten. Ich hatte das Glück, mit meinen letzten Tropfen Benzin einen unserer ehemaligen Straßenjungs aus dem Heim zu treffen. Er fuhr mit mir zu einer Tankstelle, ein Stück weiter weg von der Stadtmitte. Nach einigen Minuten Diskussion und Herumschauen fand er den Tankstellenbesitzer. Zu dem schickte er mich. Ich erklärte dem großen Herrn, dass ich Benzin brauche, um meine Arbeit machen zu können. Er musterte mich kurz, lächelte, fragte, wie viele Liter ich bräuchte und signalisierte dem Tankwart, er solle mir Benzin geben. Ich tankte voll. (. . .) Auch auf dem Bau spüren wir die stetigen Preiserhöhungen. Zement, der aus Sambia kommt, wird teurer, weil Südafrika alles aufkauft, um seine Stadien für die Weltmeisterschaft 2010 zu bauen. Metallwaren werden teurer aufgrund der Lage in Kenia und den nun wieder erhöhten Weltmarktölpreisen. Wohin das alles führen soll? Das weiß keiner. Das Brot, das wir uns schon vergangenes Jahr für 900 Fbu gekauft hatten, erhielt ich vorgestern für 1300 FBu. Derweil verkauft die Regierung munter Burundis Goldreserven. (. . .)

Philipp Ziser
Burundi

http://pziser.wordpress.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2008)

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