Meinung: Die bösen Wiener Theater-Kapriolen

E
inzelne Katastrophen-Gesamt kunstwerke - wie im Theater in der Josefstadt - verdecken in der Wiener-Stadt etliche andere, nur scheinbar kleinere kulturpolitische Probleme. Die Vorgänge rund ums Theater an der Wien (Stichwort: Gluck-Zyklus) beweisen es.

Was in aller Stille abgewickelt zu werden droht, ist der neuerliche Umbau des Etablissements Ronacher. Der signalisiert ein weiteres Kapitel in der offensichtlich unendlichen Geschichte "Wien und der Musical-Wahn". Schon einstens müssen sich die Mitglieder von Andrew Lloyd Webbers "Really Useful Group" die Hände über die Dummheit der wienerischen Kulturpolitik gerieben haben. Nämlich weil hier, alles andere als "useful", mit Millionen und Abermillionen an Steuergeld eine Kunstform subventioniert wurde und wird, die überall anders privatwirtschaftliche Gewinne einfährt.

Nun rauften sich hinter den Rathaus-Kulissen offenbar die Pfründner, die an dieser Misere verdienen, um die Plätze an den Trögen, sobald ruchbar wurde, dass das Theater an der Wien endlich diesem Missbrauch entwunden werden sollte. Wie immer es dort weitergehen mochte, eine zweite Bühne für das Kommerzmusical musste neben dem Raimundtheater her. Sonst würde am Ende vielleicht ein Pfründner eine Übersetzungs- oder Textdichtergage weniger verdienen!

Also wird nun das Ronacher für zig Millionen Euro um eine exorbitante Bühnentechnik bereichert. Ein Etablissement, in dem ohne Umbau von Kleinkunst und Kabarett bis zur subtilen Operette alles, aber auch wirklich alles möglich ist, was Publikum findet und volle Kassen garantiert.

O
b die fürs Ronacher zuständige Intendantin über eine sinnvolle Verwendung der vorhandenen Ressourcen je nachgedacht hat, bleibt ein Geheimnis. Umgebaut wird, auf dass wieder der Kommerz, der nur in Wien seinem Namen keine Ehre macht, blühen möge. Derweilen stellt bereits das Rathaus sämtliche Werbeaktivitäten entsprechend um: Die AUA zum Beispiel bewirbt die Kulturstadt Wien nur noch so, als ob es außer Musicals hier nie etwas anderes gegeben hätte.

Übrigens: Internationale Journalisten, die eingeladen werden, alles über "Barbarella" zu erfahren, führt man auch ins Palais Liechtenstein - aber nicht etwa, um zu zeigen, dass dort demnächst ein nicht unbedeutendes Museum eröffnet wird; sondern ins Restaurant. Essen gehört ja, zugegeben, auch zur Kultur.

wilhelm.sinkovicz@diepresse.com

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