Zwischen Recht und Moral

Klimts »Gertrude Loew« wurde diese Woche versteigert. Der Fall zeigt die Probleme der Privatrestitution. Für den Kunstmarkt ist es ein gutes Geschäft.

Diese Woche wurde bei Sotheby's in London Gustav Klimts Porträt von Gertrud Loew-Felsövanyi nach einem langen Bietergefecht um 24,78 Millionen Pfund (rund 31 Millionen Euro) verkauft. Ein sensationelles Ergebnis. Damit endeten jahrelange Verhandlungen zwischen der privaten Klimt-Stiftung und den Erben nach Felsövanyi. Der Erlös wird zwischen beiden Parteien aufgeteilt. Der Fall ist ein gutes Beispiel für die Problematik von Restitutionen. Das Porträt wurde auch nicht restituiert, sondern es wurde eine faire Lösung ausverhandelt, die sowohl die Ansprüche der Erben berücksichtigt als auch das Recht der Privateigentümer.

Die Washingtoner Erklärung von 1998 sieht eine Restitution aus moralischen Gründen vor, bezieht dies aber nur auf Raubkunst im öffentlichen Besitz. Sehr viel Kunst zweifelhaften Ursprungs befindet sich aber in Privatbesitz. Und hier zeigen sich die Grenzen des Rechts. Immer wieder werden Lösungen diskutiert, wie mit Privatbesitz umzugehen ist. Auch für gesetzliche Konstruktionen, die eine Enteignung möglich machen sollen, gibt es Verfechter. Doch ist eine private Person, die nichts mit den Gräueltaten der NS-Zeit zu tun hatte, zur Rückgabe eines rechtmäßig erworbenen Werks verpflichtet? Das kann nur individuell beantwortet werden, durch moralische Selbstverpflichtung, niemals gesetzlich.

Großes Geschäft. Neben der moralischen und rechtlichen Thematik geht es bei Restitutionen meist auch um viel Geld. Restituierte Kunstwerke sorgten bei internationalen Auktionen immer wieder für großes Aufsehen. Zu den spektakulärsten Rückgaben gehörten die fünf von der Galerie im Belvedere restituierten Klimt-Gemälde an die Erben von Ferdinand Bloch-Bauer im Jahr 2006. Der Verkauf der „Goldenen Adele“ an den Kosmetikmagnaten Ronald Lauder um kolportierte 135 Millionen Dollar schrieb Geschichte. Der Verkauf restituierter Werke hat auf dem Markt meist Wertsteigerungen für den Künstler gebracht. Im Fall Klimts führte der Verkauf der „Goldenen Adele“ zu einem Preissprung auf dem Auktionsmarkt.

Zudem sind Restitutionen für den Kunstmarkt von großer Bedeutung, weil Spitzenwerke auf den Markt kommen, die normalerweise nicht zum Verkauf gelangen würden. Das Angebot musealer Qualität ist ziemlich ausgetrocknet. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Ikonen der Kunstgeschichte. Restituierte Kunstwerke sind besonders attraktiv weil sie marktfrisch sind. Den Auktionshäusern dienen sie als Zugpferde für Prestigeauktionen, um möglichst viele Interessenten anzulocken.

eva.komarek@wirtschaftsblatt.at

diepresse.com/kunstwerte

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2015)

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