Rencontres d'Arles schlägt ein neues Kapitel auf

Das älteste Fotofestival der Welt hat eine Großsponsorin, die 100 Millionen Euro investiert, und einen neuen künstlerischen Direktor.

Die südfranzösische Stadt Arles kennen die meisten als Ausgangspunkt des Jakobsweges. Für Fans der Fotografie hingegen ist Arles selbst eine Pilgerstätte, beheimatet es doch das älteste Fotofestival der Welt. Rencontres d'Arles bietet jedes Jahr eine Standortbestimmung der zeitgenössischen Fotografie. Das Programm der 35 Ausstellungen wird durch Workshops, Künstlergespräche und Begegnungen, wie schon der Name sagt, ergänzt. In der schmucken Stadt in der Provence dreht sich alles um Fotografie. Die Ausstellungen sind bis 20.September zu sehen, Workshops gibt es aber das ganze Jahr über, und zusätzlich hat Arles viele Fotogalerien.

Das seit 46 Jahren existierende Festival schlägt heuer ein neues Kapitel auf. Nach zwölf Jahren hat das Event einen neuen Leiter: Sam Stourdzé, ehemals Direktor des Elysée-Fotomuseums. Er tritt in große Fußstapfen, denn sein Vorgänger, François Hébel, der 2002 die Direktion übernahm, führte das Festival aus einer Identitätskrise zu neuen Höhen. Er steigerte die Besucherzahlen von knapp 10.000 auf 100.000, erschloss für die Ausstellungen Hangars, die von der französischen Staatsbahn verlassen worden waren, und machte die Stadt zur Bühne für Fotografie.

Großprojekt. Stourdzé wird nicht nur an seinem Vorgänger gemessen, er muss wegen umfangreicher Bauarbeiten mit deutlich weniger Platz auskommen. Denn die zweite Veränderung, die das Festival gerade erfährt, ist ein ehrgeiziges Projekt der Mäzenin Maja Hoffmann, die um 100 Millionen Euro einen Parc des Ateliers baut, mit einem von Stararchitekt Frank Gehry entworfenen Turm als Höhepunkt. Hoffmann möchte Arles zu einer Kunststadt à la Lens oder Metz, wo der Louvre und das Centre Pompidou Ableger haben, machen.

Stourdzé hat einen guten Job gemacht. Er stellt statt Fotojournalismus und Reportagen Kunstfotografie in den Mittelpunkt und hat 20 Kuratoren geholt. Mit einem Budget von sechs Millionen Euro ist das möglich. Sandro Miller sucht etwa den Dialog mit Musik und Kino. In seiner Ausstellung stellt John Malkovich historische Porträts und Plattencover nach. Beeindruckend ist „Another Language“. Es schließt an die Ausstellung „New Japanese Photography“ von 1979 im New Yorker MoMA and, die wesentlich zur Entdeckung japanischer Fotografie im Westen beigetragen hat.

Rencontres d'Arles zeichnet aus, dass es kein Touristenfestival ist, sondern Treffpunkt für Fotografiebegeisterte. Hoffen wir, dass es trotz des Großprojektes so bleibt.

eva.komarek@wirtschaftsblatt.at

diepresse.com/kunstwerte

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2015)

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