Kunst-Kredite

Die Belehnung von Kunst ist zu einem riesigen Geschäft geworden. Das Research-Haus Skate's schätzt das Volumen heuer auf zehn Milliarden Dollar.

Das Konzept, Kunst- und Wertgegenstände zu belehnen, ist nicht neu. Das heute größte österreichische Auktionshaus, das Wiener Dorotheum, ist beispielsweise aus dem Pfandgeschäft entstanden. Ältere Generationen nennen das Dorotheum daher gerne noch „Pfandl“. Der Weg ins Pfandhaus war meistens der letzte Ausweg, um eine finanzielle Notlage zu überbrücken. Man hat beispielsweise den Familienschmuck versetzt, um an Geld zu kommen. Dieser blieb dann so lange im Pfandhaus, bis das Geld zurückbezahlt worden ist. Das Wiener Auktionshaus bietet diese Dienstleistung auch heute noch an.

Seit die Finanzwelt immer mehr Einzug in den Kunstmarkt hält und Kunst selbst zum Investitionsobjekt wurde, ist aus der Belehnung ein riesiges Geschäft geworden. Art Lending, wie es in der Finanzbranche heißt, funktioniert eigentlich genau so wie ein Hypothekarkredit, nur dass statt einer Immobilie Kunst als Sicherheit für einen Kredit dient. Oder einfacher erklärt: Wenn man einen gewichtigen Picasso besitzt, kann man sich darauf einen Kredit aufnehmen und sich trotzdem weiterhin am Gemälde erfreuen, zumindest solange man die Kreditraten bedient. Die Citibank hat dieses Geschäftsfeld schon 1979 für sich entdeckt. Heute ist es ein Milliardengeschäft mit unterschiedlichsten Anbietern.


100 Milliarden Dollar. Das Art-Business-Research-Unternehmen Skate's hat erstmal dazu einen umfangreichen Bericht erstellt. Das Haus schätzt das Gesamtvolumen an Kunstbelehnungen für 2015 auf zehn Milliarden Dollar, das wäre zwei Mal so viel wie 2011. „Konservativ geschätzt“ sieht Skate's laut Bericht ein Potenzial von 100 Milliarden Dollar. Das lässt reichlich Spielraum für Wachstum. Angeboten wird Art Lending von Banken, eigenen Spezialisten, wie die beiden Schwergewichte Borro und Art Capital Group, sowie Kunsthändlern und Auktionshäusern. Art Lending entwickelt sich beispielsweise bei Sotheby's zum zweitstärksten Geschäftsfeld. Das Auktionshaus hat im Vorjahr dafür sogar eine eigene Finanz-Tochter gegründet.

Am meisten Nachfrage nach einer Belehnung gibt es bei Kunstwerken mit einem Wert zwischen einer und fünf Millionen Dollar sowie Objekte über 20 Millionen Dollar. Borro akzeptiert neuerdings auch Werke ab einem Wert von 5000 Dollar als Sicherheit, durchschnittlich liegt der Wert der belehnten Kunst aber laut Skate's bei 250.000 Dollar.

Interessantes Detail am Rande: Auch die Welt des Verbrechens hat längst Kunst als Collateral für Drogen- oder Waffendeals entdeckt.

eva.komarek@wirtschaftsblatt.at

diepresse.com/kunstwerte

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.08.2015)

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