Abschied von Deutschland

Abschied von Deutschland. Gleich zwei Traditionshäuser geben dieser Tage auf, eine Folge des sich verschärfenden Wettbewerbs, höherer Steuern und mehr Restriktionen.

Die Spezialauktion der Sammlung des Münchner Kunsthändlers Konrad O. Bernheimer vergangene Woche bei Sotheby's bedeutet das Ende einer Ära. Bernheimer, einer der weltweit führenden Altmeisterhändler, löst nicht nur die Familiensammlung auf, sondern lässt auch die Rollläden seines Geschäftes für immer runter. Er zieht sich auf den Standort London zurück, wo er seit 2002 parallel zu München die Gemäldegalerie Colnaghi besitzt.

Am 11. und 12. Dezember geht eine weitere Epoche deutschen Kunsthandels zu Ende. Das Auktionshaus Hauswedell & Nolte aus Hamburg gab bekannt, dass nach 85 Jahren der Betrieb mit den beiden Auktionen im Dezember beendet wird. Das Auktionshaus ist Spezialist für deutschen Expressionismus und alte Bücher. Expressionistische Werke auf Papier sind ebenso aus der Mode gekommen wie das Sammeln von Büchern. Der Markt hat sich stark verändert. Hohe Preise für expressionistische Druckgrafiken werden heute kaum noch erzielt.

Auch Bernheimer hat immer wieder beklagt, dass der Altmeisterhandel in den vergangenen Jahren immer schwieriger, die Konkurrenz durch die Auktionshäuser immer schärfer geworden sei. In einem Interview mit der „Welt“ räumte er sogar ein, dass nicht einmal Colnaghi, die älteste Altmeisterhandlung der Welt, in den vergangenen Jahren in den Bilanzen Gewinne ausgewiesen hätte.Harter Schlag. Der Kunstmarkt ist schwierig geworden, doch besonders in Deutschland hat die Branche mit der geplanten Änderung des Kulturgutschutzgesetzes zu kämpfen. Das ist der zweite Schlag nach der Abschaffung der ermäßigten Mehrwertsteuer auf Kunst 2014. Der Entwurf wurde zwar entschärft und sieht nunmehr vor, dass beim Verkauf ins EU-Ausland eine Genehmigung erst dann nötig ist, wenn das Bild älter als 70 Jahre ist und auf mehr als 300.000 Euro geschätzt wird, doch der deutsche Kunsthandel ist weiterhin unzufrieden.

Fest steht, dass die Konkurrenz härter geworden ist, besonders für Spezialisten und Sparten, die heute nicht mehr so en vogue sind. Die Hauptumschlagplätze für Kunst sind England, Amerika und die Schweiz sowie Asien auf Aufholkurs. Dort gibt es keine Beschränkungen und in der Schweiz ist zudem die Mehrwertsteuer deutlich niedriger. Die großen Galerien und Händler haben längst Niederlassungen in London und New York. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie dem Beispiel Bernheimers folgen. Denn der Kunstmarkt ist global geworden und findet dort statt, wo er am freiesten agieren kann und am wenigsten Steuer zahlen muss.

eva.komarek@wirtschaftsblatt.at

www.diepresse.com/kunstwerte

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.