"Shazam" der Kunstwelt

Eine Gratis-App namens "Magnus" könnte den Kunstmarkt verändern, indem sie auf Knopfdruck Kunstwerke identifiziert samt aktuellem Preis.

„Magnus“, benannt nach ihrem Erfinder Magnus Resch, ist eine Gratis-App, die den Kunstmarkt auf den Kopf stellen könnte. Einfach mit dem Smartphone ein Foto des Kunstwerks machen, und „Magnus“ liefert den Titel, den Namen des Künstlers, den aktuellen Preis sowie frühere Verkaufspreise, natürlich auch den Händler oder Galeristen und historische Daten zu Ausstellungen. Das Prinzip beruht auf der digitalen Identifikationstechnik, wie sie etwa „Shazam“ für Musik und „Vivino“ für Weinetiketten benützt. Es wäre nicht das erste Mal, dass Resch den Markt aufmischt. War er doch der Mastermind von Larry's List, der ersten Online-Datenbank zu Sammlern und ihrer Kunst, quasi dem Heiligen Gral des Handels.

Herkulesaufgabe. Soll die App halten, was Resch verspricht, ist der Aufwand der Datensammlung schlicht atemberaubend. Die Aufgabe ist es, sämtliche existierende Kunstwerke samt Preis zu erfassen. Gerade auf dem Kunstmarkt scheint das nahezu unmöglich, denn täglich wechselt Kunst den Besitzer und sehr oft, ohne dass es öffentlich bekannt wird. Natürlich gibt es schon Anbieter, die Kunstmarktpreise sammeln und in Datenbanken zur Verfügung stellen. Zu den größten zählen Artnet, Artprice und Artsy. Aber sie bedienen sich ausschließlich der öffentlich verfügbaren Daten der Auktionshäuser. Und die Abfragen kosten Geld. „Magnus“ verspricht, auch die Preise des Primärmarkts zu liefern, also der Galerien, und all das gratis. Seit 2013 arbeitet Resch an der Datensammlung und hat inzwischen acht Millionen Galerie- und Auktionspreise weltweit zusammengetragen. Um die Daten zu erweitern und vor allem auf dem letzten Stand zu halten, will er Crowdsourcing nützen. Neben rund 200 Beta-Usern, die schon die bisherigen Daten gesammelt haben, sollen auch andere App-Benützer künftig zur Datenbank beitragen und Fotos und Preise eintragen.

Vorausgesetzt Datenmenge und Validität sind gut, und dafür wird es noch einige Zeit brauchen, könnte die App die Kunstwelt tatsächlich verändern, denn sie würde für Transparenz sorgen. Gerade im Kunstmarkt sind Preise und Deals, abgesehen von denen, die über öffentliche Auktionen passieren, ein gut gehütetes Geheimnis. Wer über Information verfügt, kann daraus Kapital schlagen. Viele Menschen seien vom Kunstmarkt ausgeschlossen. Der Grund dafür sei die Intransparenz, sagte Resch anlässlich der Präsentation der App vergangenen Freitag zur „New York Times“. „Unser Ziel ist es, den Kunstmarkt zu demokratisieren und dadurch zu erweitern.“ Hehre Ziele, Herr Resch.

eva.komarek@wirtschaftsblatt.at

diepresse.com/kunstwerte

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2016)

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