Wenn Künstler untreu werden

Die Beziehung zwischen Galerie und Künstler ist wie eine Ehe. Geht sie auseinander, gibt es viele Gefühle und Probleme bei der Vermögensaufteilung.

White Cube und Marc Quinn gehen künftig getrennte Wege. Diese Nachricht war vergangene Woche in „The Art Newspaper“ zu lesen. Damit geht eine Galerie-Künstler-Beziehung von fast 30 Jahren zu Ende. White Cube wurde nicht zuletzt als wichtigste Galerie der Young British Artists bekannt, und Marc Quinn war der Erste, der mit White-Cube-Gründerin Jay Jopling zusammenarbeitete. Gründe für die Trennung wollte keine der beiden Parteien bekannt geben.

Scheidung. Beziehungen zwischen Künstlern und Galerien sind wie Ehen. Gehen sie auseinander, gibt es viele Gefühle und Probleme bei der Vermögensaufteilung. Es geht um das Inventar, angebahnte Verkäufe und nicht zuletzt um Produktionskosten. Künstler sehen Produktionskosten gern als Geschenk, Galerien als Vorausleistung. Wie also bekommen Galerien bei einer Trennung ihr Geld zurück? Am schwierigsten ist es, wenn die Beziehung schon lang besteht und die Galerie den Künstler überhaupt erst aufgebaut hat. Galerien leben davon, dass sie junge Talente suchen, diese bekannt machen und später an deren Erfolgen partizipieren. Und bei Weitem nicht jede Investition ist fruchtbar. In junge Künstler zu investieren ist mit der Finanzierung von Start-ups vergleichbar: Unter 30 Beteiligungen geht eine auf. Kommt ein Künstler zu seinen Karriereanfängen zu einer Galerie, gibt es meistens keine vertragliche Regelung für den Trennungsfall. Auch das ist wie bei einer Ehe. Heiratet ein junges Paar, macht sich niemand die Mühe eines Ehevertrags, weil selten Vermögenswerte existieren.

Es gibt Künstler, wie Anish Kapoor oder Antony Gormley, die sich die Produktionskosten selbst finanzieren. Da fällt ein Galerienwechsel leicht. Das ist bei Weitem nicht Usus. Meistens enden Trennungen im Streit, manchmal in langwierigen Gerichtsverfahren. Davon können Larry Gagosian und Künstlerin Yayoi Kusama ein Lied singen, als sich Kusama 2012 zu einem Wechsel entschieden hat. Sie forderte sämtliche Arbeiten innerhalb eines Monats zurück. Gagosian hingegen verkaufte noch ein Jahr lang sein ganzes Kusama-Inventar ab, um nicht auf den Kosten sitzen zu bleiben. Gagosian trägt Abgänge mit Fassung und bleibt offen. So kehrte Damien Hirst heuer nach der Trennung im Jahr 2012 wieder zu ihm zurück. Auch in der österreichischen Kunstszene gibt es Beispiele von Galerienwechsel. Der wohl bekannteste ist jener von Erwin Wurm von Ursula Krinzinger, die ihn aufgebaut hat, zu Thaddaeus Ropac. Für die Galeristin war das ein harter Schlag.

eva.komarek@wirtschaftsblatt.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.05.2016)

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