Stammeskunst

Das Dorotheum bietet seit 2011 Auktionen für Tribal Art, die nächste ist am Montag. Zentren des Handels der wachsenden Sparte sind Paris, Brüssel und New York.

Die primitive Skulptur ist niemals übertroffen worden“, sagte Picasso über sogenannte Stammeskunst. Tatsächlich beeinflusste die afrikanische Kunst wesentlich die Entwicklung der klassischen Moderne. Kaum überraschend ist, dass auch auf dem Kunstmarkt seit etwa den 1960er-Jahren Stammeskunst ein wachsendes Segment ist. Der Markt konzentriert sich vor allem auf Paris, New York und Brüssel. Als ehemalige Kolonialmächte in Afrika haben Belgien und Frankreich eine lange Sammlertradition der afrikanischen Kunst.

Der Markt für Stammeskunst entwickelt sich langsam und hat so gut wie keine Spekulanten. Bewegung kam in die Sparte Tribal Art im Juni 2006 durch eine Auktion bei Drouot, bei der acht Objekte einen Zuschlag von mehr als einer Million Euro erzielten. Das absolute Spitzenlos dieser Auktion war eine Fang-Maske aus Gabun, die 5,9 Millionen Euro erzielte. Sie stammte aus der in den 1920er-Jahren entstandenen berühmten Sammlung Vérité. Solche Preise sind aber bis heute die Ausnahme.

Wien etablieren. Das Wiener Dorotheum macht seit 2011 Auktionen für Stammeskunst, nachdem das Haus den ehemaligen Journalisten und Stammeskunstexperten Erwin Melchardt hat gewinnen können. Der studierte Ethnologe sammelt selbst seit mehr als vier Jahrzehnten Tribal Art und hält Vorlesungen dazu an der Wiener Universität für angewandte Kunst. Melchardt hat sich vorgenommen, Wien für Auktionen mit Tribal Art auf die Landkarte des Kunstmarktes zu bringen, sagte er anlässlich der ersten Auktion.

Für den 20. Februar hat er wieder interessante Stücke zusammengetragen, wie etwa einen „Reliquienwächter“ der Kota aus Gabun, der um 30.000 Euro zum Aufruf kommt, oder aus Indonesien, von der Insel Flores, eine äußerst seltene Krone aus purem Gold, wie sie von adeligen Männern des Stamms Nage getragen wurde, mit einem Rufpreis von 12.000 Euro. Aus Ozeanien kommen das Brautgeld „Talipun“, aus einer großen Meeresschnecke und einem geflochtenen Gesicht gefertigt, sowie die beiden typischen Männerschmuckstücke „Tema“ und „Kap kap“ aus Muschelscheiben, mit feinen Mustern aus altem Schildpatt belegt, mit einem Rufpreis von 800 Euro. Eine weitere Besonderheit dieser Auktion ist Ethnoschmuck. In den vergangenen Jahrzehnten ist der Schmuck der sogenannten primitiven Völker ein eigenes Sammelgebiet geworden. Melchardt ist es gelungen, Teile einer bedeutenden österreichischen Sammlung von Ethnoschmuck für diese Auktion zu akquirieren.

kunstwerte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2017)

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