Leben und Korrespondenz im Jahre der Mirpzahl

Ein Glücksjahr ist dieses 2013? Schauen wir einmal. Einstweilen sagen wir nur: Der Wechsel von Magnesium zu Aluminium war ganz okay.

Wer bereits eine Jahrtausendwende hinter sich gebracht hat – und das haben doch alle Leser dieser Zeilen, zumindest wenn sie vor dem 1. Jänner 2001 geboren sind –, den kann ein schlichter Jahreswechsel nicht irritieren. Der nimmt all die Rück- und Vorschauen, all die Jahrescharts und Prophezeiungen, die Einschätzungen und Trendanalysen gelassen zur Kenntnis und denkt sich: Na ja. Schauen wir einmal.

Zum Beispiel auf das Cover der auch heuer wieder an den U-Bahn-Stationen gratis aufliegenden Zeitung „Österreich“. Es verkündet: „So starten wir in das Glücksjahr 2013.“ Wir können darüber gar nicht spotten, schließlich wurde vor einem Jahr im Rahmen einer „Metaware“ der Aufruf „Trotz allem: Optimismus!“ als „heuriger Leitgedanken unseres Feuilletons“ erklärt, und was hat uns das gebracht? Immerhin, wir leben noch. Dieser Satz gilt, im Gegensatz zur einleitenden Behauptung, auch für Leser unter zwölf.

Aber wieso soll just das Jahr 2013 ein Glücksjahr sein? „Österreich“ lässt sich da auf keine Erklärung ein. Wir vermuten einen Fall von Überkompensation der Triskaidekaphobie, der abergläubischen Angst vor der Zahl 13, die sich u. a. dadurch auszeichnet, dass sie die erste Mirpzahl ist. (Mirpzahlen sind Primzahlen, die rückwärts gelesen eine andere Primzahl ergeben, diesfalls 31.) Vor allem aber dadurch, dass sie in der Reihe der natürlichen Zahlen gleich nach der Zahl 12 kommt, und die ist mit ihrer reichen Teilbarkeit etwas Besonderes, darauf konnten sich schon die alten Sumerer und Babylonier verständigen. Der Chemiker assoziiert sie mit dem Element Magnesium, dem wir das Grün der Pflanzen verdanken; der Mathematiker denkt z. B. an den Pentagondodekaeder, der Jude an die zwölf Stämme Israels, der Christ an die Jünger Jesu. (Beim Letzten Abendmahl saßen 13 Männer, manche nennen Judas den 13., andere Jesus, auch das zeigt das doppelte Gesicht dieser Zahl.) In der Ordnung der Elemente gehört zu 13 immerhin das leichte, bindungsfreudige Aluminium, dem wir das Silber der Jausenpakete verdanken. In der ersten Exoplaneten-Meldung des Jahres 2013 kommt aber leider nur die Zahl 12 vor: Der sonnenähnliche Stern Tau Ceti, um den gleich fünf Planeten gesichtet worden seien, wie die „FAZ“ berichtet, ist nur zwölf Lichtjahre von der Erde entfernt.

Nun, das ist für kosmische Maßstäbe ein Katzensprung. Mieselsüchtige mögen einwenden, dass eine Nachricht an etwaige intelligente Bewohner dieser Planeten über zwölf Jahre brauchen würde und die Antwort ebenfalls, und das sei doch recht mühsam für eine ersprießliche Unterhaltung. Ihnen sei gesagt: Warten muss man nur das erste Mal, dann kann man sich problemlos einbilden, man kommuniziere in Echtzeit. Wenn der Korrespondent nur verlässlich oder um eine konstante Zeitspanne säumig ist. Was übrigens auch auf Erden gilt.


E-Mails an: thomas.kramar@diepresse.com

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