Droht den Salzburger Festspielen ein kräftiges Defizit?

Das Festival braucht, wie von Intendant Alexander Pereira prophezeit, demnächst mehr Geld. Da kommt der Streit um den Transfer von Salzburger Inszenierungen nach Mailand höchst ungelegen.

Die Salzburger Festspiele werden auf jeden Fall mehr Geld brauchen, auch wenn er nicht mehr da sei. Diese Prognose Alexander Pereiras – dessen Intendanz an der Salzach heuer endet, er übernimmt die Mailänder Scala – wurde von manchen als Zweckpessimismus verbucht: Pereiras Vertrag in Salzburg war wegen seiner Programm- bzw. Budget-Expansion, die das Kuratorium ablehnte, nicht verlängert worden. Daher übte er sich in düsteren Prophezeiungen.

Diese könnten nun schneller wahr werden als erwartet. Seit Tagen tobt in Mailand politischer Streit darüber, ob es erwünscht sei, dass Pereira Inszenierungen aus Salzburg an die Scala mitnehme. Es geht um vier große Opern, darunter Wagners „Meistersinger“ unter Daniele Gatti und Verdis „Falstaff“ unter Zubin Mehta. Die Kontroverse um die Übernahme der Aufführungen hat alte Gräben rund um die Scala aufgerissen, die schon vor der Direktion Stéphane Lissners, der im Herbst Mailand verlässt und die Pariser Oper übernimmt, bestanden. Die italienischen Gewerkschaften lassen die Muskeln spielen wegen des Sparkurses der italienischen Regierung, speziell bei der Kultur, die Institutionen in Existenzkrisen gestürzt hat. Die Scala hat angeblich einen Überschuss von zwei Millionen Euro. Der soll nicht gefährdet werden. Ferner gab es starke Bestrebungen, nach dem Franzosen Lissner einen Italiener nach Mailand zu berufen. Dies alles befeuert den Krach um die Übernahme der Inszenierungen. Pereiras Inthronisation an der Scala steht auf der Kippe.

Dieser gibt sich wie üblich kämpferisch: „Ich habe das Beste aus den Produktionen der Salzburger Festspiele gewählt! Die Opern aus Salzburg sind für die Scala ein Geschäft. Eine neue Oper kostet rund eine Million Euro. Die Scala wird vier Opern um nur 690.000 Euro erhalten, ein absolut lächerlicher Preis“, schimpfte Pereira letztes Wochenende gegenüber der APA.

Mit Problemen an der Scala rechne er: „Sie ist das schwierigste Theater der Welt.“ Inzwischen hat sich die Lage allerdings zugespitzt. Zunächst hat das italienische Kulturministerium den Scala-Aufsichtsrat um einen Bericht über die Causa ersucht. Die Gewerkschaften wollen sich mit dem Mailänder Bürgermeister treffen. Schließlich ist der Präsident der Region Lombardei, Robert Maroni, zu Pereira auf Distanz gegangen. Maroni forderte Pereira auf, den Ankauf von Opern aus Salzburg zu erläutern: „Sollte es keine plausible Erklärung geben, glaube ich nicht, dass Pereira in Mailand weitermachen kann“, drohte Maroni in italienischen Medien. Ein Grundproblem scheint zu sein, dass Pereira als Noch-Intendant in Salzburg „Geschäfte“ mit der Scala, die er übernimmt, bzw. deren Noch-Chef Lissner tätigt, was manche als unvereinbar, unmöglich betrachten.

Befürworter der Transaktion halten dem entgegen, dass jeder Intendant Planungen vornehmen müsse, natürlich auch mithilfe seines Vorgängers. Außerdem: Die Produktionen, die nach Mailand gehen, werden in Salzburg nicht mehr gezeigt. Sollte der Deal mit der Übernahme der Opern platzen bzw. die Berufung Pereiras nach Mailand nicht zustande kommen, verlieren die Festspiele 690.000 Euro. In Salzburg ist man sauer über die störenden Turbulenzen. Schließlich wollte man gerade mit Politikern in Bund, Land, Stadt über eine Erhöhung der Subventionen reden. Kommende Woche werden Scala-Aufsichtsräte nach Salzburg kommen, um sich über den Deal zu informieren.

E-Mails an: barbara.petsch@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2014)

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