Über feine Unterschiede zwischen Autonomie und Autokratie

Reden wir noch einmal über das Geld: Was sollen Österreichs Rektoren verdienen? Wer kontrolliert die Uni-Räte? Und wie privat ist das Ganze?

Sollen Rektoren mehr verdienen als gewöhnliche Minister? Auf diese simple Frage im Gegengift erhielten wir unlängst Post von Österreichs Universitätenkonferenz. Per Leserbrief gab ihr Pressereferent im Auftrag seiner Dienstherren zwar keine Antwort auf ordinär Pekuniäres, dafür deutete er an, die Lektüre des Universitätsgesetzes 2002 sei einem Theaterkritiker nicht zumutbar. Er ortete offenbar sogar mangelndes Interpretationsvermögen – als ob ich nicht begriffen hätte, dass Unis autonom sind.

Das erschreckt mich ein wenig. Woher wissen die Rektoren, was ich lese, und wie überprüfen sie, ob ich es verstehe? Werde ich überwacht? Zur Sicherheit lege ich ein Geständnis ab: Ja, zu meinen Lastern gehört es, neben Komplexem wie dem „Kaufmann von Venedig“ leichte Perversitäten enthemmt zu verschlingen: Rechnungshofberichte (am besten roh), Budgetentwürfe, Statistiken auf den hinteren Seiten des Economist. Das meiste davon ist ziemlich einfach zu verstehen. Es sagt mehr über die Gesellschaft aus als so manche Habilitation. Zudem studiere ich des Öfteren Gesetzestexte, die Kunstwerke der Hermeneutik sind.

Seit den Siebzigerjahren bin ich mit dem UOG und manchen darauf folgenden Verwerfungen vertraut. Viele Studenten haben es damals exzerpiert, darüber diskutiert, dagegen demonstriert. Wir waren jung und haben die Konfrontation gebraucht. Die Autonomie der Universitäten wurde übrigens nicht erst vor zwölf Jahren wirksam, wie der Leserbrief behauptet. Sie war Gelehrtenrepubliken lang zuvor immanent. Freiheit der Forschung und Lehre fördert Qualität – gesetzlich in Österreich seit dem 19.Jahrhundert.

Wie unabhängig aber sollen Rektoren in Finanzfragen sein? Man schütze eine elitäre Gruppe davor, Autonomie mit Autokratie zu verwechseln! Transparenz hat gerade in Bezug auf ihre Gehälter bisher nicht geherrscht. In dem Punkt wäre tatsächlich staatliche Kontrolle angebracht. Solange der Bund für den Großteil der Kosten unserer Universitäten aufkommt, müssen es sich deren Manager auch gefallen lassen, dass der zuständige Minister Interesse für ihre Gehälter zeigt. Rektoren sind in dieser Hinsicht Mitarbeiter staatsnaher Betriebe. Sich bloß auf den Satz im UG zu berufen, dass der Universitätsrat solche exklusiven Arbeitsverträge abschließt, greift zu kurz.

Vereinzelte Ratsmitglieder, die diese Saläre festsetzen, lassen sich übrigens ein paar Sitzungen pro Jahr mit bis zu 3000 Euro vergüten – pro Monat! Davon können viele Hochschulassistenten anfangs nur träumen. Mancher Rektor aber erhält derzeit jährlich rund eine Viertelmillion Euro. Ein Vergleich: Frankreichs Staatspräsident (183.400 €) und der britische Premier (202.800 €) liegen darunter. Deplaziert ist auch der Hinweis des Vorsitzenden der Universitätenkonferenz, Heinrich Schmidinger, dass seinesgleichen im Ausland wesentlich mehr verdiene als hierzulande. Dabei handelt es sich um Unternehmen, die sich großteils selbst finanzieren und im globalen Vergleich spitze sind – wie das CIT, Oxford, Stanford oder Cambridge.

Und wo liegt Schmidingers Alma Mater? Laut „Times Higher Education World University Ranking“ schaffte es Salzburg 2015/16 nicht unter die ersten 800 – was immer die Listen bedeuten.

E-Mails an: norbert.mayer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2015)

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