Die großen Schwächen des Cristiano Ronaldo

Soll man auf den EM-Sieg von Österreich setzen oder auf den von Portugal? Details zur Statistik.

Der Freundeskreis der Körperkultur mit Ballbegleitung im Gegengift ist sich am Freitag nach eins noch nicht ganz sicher, ob er an diesem schicksalhaften Samstag geschlossen zum Public Viewing antreten wird, bei dem sich vorab entscheiden sollte, ob Österreichs Chancen noch intakt sind, bei der Fußball-EM in die nächste Runde zu kommen. Nach der Ungarn-Krise fühlen wir elf Experten im Innersten der Fußballhochburg Erdberg uns dieser Aufgabe eigentlich noch nicht gewachsen. Denken Sie an die Unschärferelation. Könnte es sein, dass durch bloßes Zusehen (vielleicht gar von mentalen Vorbehalten geprägt) ein Ergebnis negativ beeinflusst wird? Solch Übermaß an Verantwortung kann ein wahrer Fan der rot-weiß-roten Kicker nur schweren Herzens tragen. Aus diesem Grund habe ich schon die schönsten Siege versäumt, nicht nur im Fußball, sondern auch beim Tennis, im Skifahren und beim Naturbahnrodeln.

Aber eines lässt sich ohne Risiko bereits vor dem Match arrangieren. Wetten wird man auf Österreich wohl noch dürfen! Ein erster Blick auf diverse Anbieter ernüchtert. Unser EM-Team ist bei manchen nur mit 4,5 gelistet, während Portugal bei 1,9 steht. Soll man also zehn Euro auf Österreich setzen, um dann im Fall unseres Triumphs auch noch einen satten Gewinn von 35 Euro zu lukrieren? Oder soll man doch lieber 1000 Euro in die flinken Lusitaner investieren, um die Trauerarbeit über das Ausscheiden zumindest mit 900 Euro Mehrwert abzufedern? Auf ein Unentschieden zu setzen, verbietet der Anstand. Das bringt weder emotionell noch in der Tabelle viel. Entweder – oder. Wie sagt doch unser Schweizer Wundertrainer: „Es ist noch alles offen.“

Deshalb werde ich mir das Zocken diesmal wie fast immer verbieten, werde mich am Samstagabend ganz privat vor den Fernseher zurückziehen und versuchen, ohne negative deutsche Quantenmechanik nur positive Schwingungen zu unseren Burschen rüberwachsen zu lassen – angewandte Tele-Empathie sozusagen samt Daumendrücken.

Es gibt noch Hoffnung. Und Statistiken. Ein Detail sollte man heute nicht unterschätzen, wie ich von dem Fachmann eines befreundeten Ressorts erfuhr. Es betrifft Portugals Star Cristiano Ronaldo. Über ihn, so wurde mir über Umwege bedeutet, sollte ich Folgendes sagen, was sich auf Sportseiten nicht schickt, in der rauen Welt des Feuilletons aber verdammt noch mal erlaubt sein muss: Der smarte Typ mit seiner unmöglichen Frisur stellt sich häufig so breitbeinig auf den Platz, als ob er unter akuter Elephantiasis zwischen den Leisten litte. Ronaldo mag zwar talentiert sein, vor allem bei dramatischer Fall-Sucht im Sechzehner, aber nicht bei Freistößen (exklusive Elfer) in Welt- oder oder Europameisterschaften. Wett-Freaks sei Folgendes verraten: Dieser weithin gerühmte Mann hat bisher bei solchen Endrunden 34 Freistöße ausgeführt. Wie viele Bälle landeten dabei im gegnerischen Tor? Keiner! Die Zahlen lügen nicht. Weil aber die Chance besteht, dass dieser Rekord hält, traue ich unserem Team zu, was es kann: voll punkten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2016)

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