Die Zeit ist reif für rigorose Bermuda- wie auch Tanga-Regeln

Zum Saisonende sollten sich ökologisch, religiös und ästhetisch bewusste Bürger Gedanken über die Ethik der Badekleidung machen.

Der Sommer war sehr groß. Wer jetzt noch keinen Sonnenbrand erlitt, für den gibt's keinen mehr. Wer jetzt nicht baden geht, der lässt es lange bleiben. Wir aber am abkühlenden Pool des Gegengifts hängen längst Herbstgedanken nach, werden bald in dunklen Kammern die deutschen Buchpreis-Bücher ordnen.

Zuvor aber, bereits als Nachsommer vor dem wahrscheinlich letzten heißen Wochenende im August, enthüllen wir einen Lieblingsgedanken dieser durchwachsenen Saison. Es wird, so meinen wir anständigen Erdberger Bürger, viel zu viel erlaubt in dieser haltlosen Welt. Das ist jetzt keine singuläre Anspielung auf strengere und dann wieder gelockerte Bekleidungsvorschriften an der Côte d'Azur, sondern eine generelle Betrachtung der Badeordnungen an sich.

Als ehemaliger südburgenländischer Bademeister weiß ich: Vieles vom Unglück in dieser Welt rührt daher, dass es zu wenige Verbote im Becken, an seinem Rand und für die Herumliegenden auf den umliegenden Wiesen gibt. Selbst am Meer herrscht Anarchie. So hat es mich immer gestört, dass am deutlich ausgeschilderten Strand für die Freikörperkultur, die den fast schon naturalistischen Realismus an der Wurzel packt, voll bekleidete Bürger herumlungern, manche sogar mit Krawatte oder Sonnenschirm bewaffnet. Ist diesen Gaffern überhaupt bewusst, wie provokant ihre textile Aufrüstung auf – ja, sagen wir es frei heraus! – fast mystische Gefühle absoluter Sonnenanbeter wirkt? Ich fordere daher von der Europäischen Union, dem UNHRC und allen dafür zuständigen Zentralräten, dass Anzugträger künftig rigoros von solchen Stränden verbannt werden.

Dieser längst fällige Ukas reicht jedoch bei weitem nicht aus, beschränkt er sich inzwischen nämlich bereits auf wenige liebliche Plätze dieser Erde. Die restlichen 99,9 Prozent am kühlenden Wasser brauchen andere, nicht minder strenge Vorschriften. Ich finde, dass das Tragen von Stringtangas streng reglementiert gehört, gleichviel, ob es sich um männliche oder weibliche Tangaristen handelt. Allein schon beim bloßen Verdacht, dass ihre Zurschaustellung ästhetische Gefühle verletzen könnte, die heutzutage doch viel ausgeprägter sind als sogar religiöse, müsste es zu einer Amtshandlung kommen, die diese Gefahr abwehrt.

Rigoros sollte auch bei den unseligen Bermudashorts vorgegangen werden. Ich weiß, sie sind bei Halbwüchsigen, die sich am Sprungbecken tummeln, besonders beliebt. Wie aber ökologisch bewusste Nudisten wissen, sind die meist auch noch knallbunten Röhren schuld an einer riesigen Wasserverschwendung. Jeder Landgang nach jedem Sprung kostet literweise Leben! Den Gläubigen der Bermudasekte sei gesagt: Wenn ihr so weitermacht, werden wir bald kein Meer mehr haben!

E-Mails an:norbert.mayer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2016)

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