Ein guter Rat: Spanien darf nicht Italien werden!

Die Regierung in Rom hat sich über den Gebrauch des Wortes Mafia beschwert. Und in Brüssel recht gekriegt.

Der Freundeskreis „Italienische Oper“ im „Gegengift“ – und da waren sich die ehrenwerten Sektionen Verismo, Seria und Buffa ausnahmsweise einmal einig – hat sich darüber gefreut, dass eine Restaurantkette in Spanien künftig nicht mehr unter dem Namen La Mafia ihre Geschäfte betreiben darf.

Jedes Kind weiß doch, dass dieser streng hierarchische Begriff der Omertà unterworfen ist. Ihr ungeschriebenes Gesetz steht im Mezzogiorno noch immer über jedem Recht, das gerüchteweise aus Brüssel in den tiefen Süden gelangt. Dort litt man einst unter Bourbonen (aus Spanien!), gegen die man sich eben im Geheimen organisierte. Dort sind alte Namen wie Cosa Nostra oder Camorra beinah so sakrosankt wie Santo Januarius, ja sogar wie die liebreizende, jungfräuliche Santa Rosalia. Das Mafia-Verbot war längst fällig: Spanien darf nicht Italien werden! Wenn nämlich solch illegale Lokal-Sitten einrissen, dürfte doch jeder dahergelaufene Crucco sein billiges Beisel Al Capone oder Don Corleone nennen. Und wer könnte dann zum Beispiel noch verhindern, dass es auch außerhalb von Rom Kirchen gibt, die sich San Pietro nennen? Eben.

Was uns Opernfreunde betrübt, ist die Weise, in der das Verbot durchgesetzt wurde. Die Regierung in Rom hat sich bei der EU beschwert, dass der ganze Stiefel wegen La Mafia um den „Ruf der heimischen Küche besorgt“ sei. Das Büro für Markenschutz in der Europäischen Union hat den Einwand geprüft und einen Beschluss gefasst: 41 iberische Restaurants müssen ihren Namen ändern, da sonst „ein positives Licht“ auf eine Organisation geworfen werde, die „gefährlich ist und nicht nur Italien bedroht“.

Meine Herren, was für ein entwürdigender Prozess! Muss sich Brüssel in Angelegenheiten mischen, die subsidiär gelöst werden könnten? Unter Berlusconi oder gar Andreotti hätte es solch rufschädigende Klagen via Dritte nicht gegeben. Eine kleine Delegation aus Rom wäre nach Madrid oder Barcelona gereist und hätte mit den Inhabern der Kette vertrauliche Gespräche darüber geführt, wie man künftig ohne viel Aufsehen seriöse Geschäfte betreiben könne. Aber in zentralistischen Zeiten sind eben andere Paten gefragt. Dabei gebe es doch so schöne spanische Gourmetnamen: El Sicario, Santo Oficio oder El Conquistador klingen doch auch nach Haubenlokal.


E-Mails an: norbert.mayer@diepresse.com

(Print-Ausgabe, 22.10.2016)

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