„Hi–lee-gay Nahcht“? Wie man „Stille Nacht“ im Ausland singt

Die größte „Stille Nacht“-Plattensammlung wird digitalisiert. Österreich sollte sich vor dem 200-Jahr-Jubiläum noch viel mehr einfallen lassen.

Shteal–lay Nahcht! Hi–lee–gay Nahcht! Ah–lays shlayft; ine–sahm wahcht/ Noor dahs trou–tay hi–lee–gay Paar... Hole–dare Knahb' eem low–kig–ten Haar, Shlah–fay in him–lish–air Roo!“ Auch so gibt es den Text von „Stille Nacht“– auf einer südafrikanischen Internetseite, Silentnight.web.za. Die Lautschrift ist gedacht für Menschen, die Englisch sprechen, aber das Lied auf Deutsch singen wollen. Man kann sich ungefähr vorstellen, wie es klingen könnte.

Besser ist es vielleicht doch, wenn das berühmteste Weihnachtslied der Welt in der jeweiligen Landes- oder Regionalsprache gesungen wird. Glaubt man der Stille-Nacht-Gesellschaft, gibt es schon um die 300 Textversionen, das besagte Silent Night Web hat über hundert davon online gestellt. Zuletzt hinzugekommen sind auf der Seite etwa Versionen auf Ponapeisch und Yukatekischem Maya; es gibt auch Fassungen auf Aztekisch, in der Sprache der Comanche, Nahuatl, Zulu...

Vieles davon wird man künftig gesammelt online hören können, wenn die weltweit größte bekannte Sammlung von „Stille Nacht“-Platten digitalisiert wird. Der Tiroler Otto Praxmarer hat sie gesammelt und nun als Dauerleihgabe dem Heimatmuseum Fügen im Tiroler Zillertal gegeben.

Warum Zillertal? Weil der Fügener Orgelbauer Karl Mauracher das 1818 im Salzburger Oberndorf erstmals gesungene Lied sehr bald ebendort hingebracht hat. Und ohne ihn wäre das Lied vielleicht nie so berühmt geworden. Zwei Tiroler Sängerfamilien (ähnlich wie die aus „Sound of Music“ bekannten Trapps) trugen es dann bei ihren Auftritten in die Welt hinaus, kein Wunder, dass es vielerorts als „Tiroler Lied“ in Umlauf war. Katholische und protestantische Missionare taten ihr Übriges.

Eigentlich kann schon kommendes Jahr das 200-Jahr-Jubiläum von „Stille Nacht“ beginnen – 1816 dichtete Joseph Mohr in Mariapfarr im Lungau den Text, 1818 wurde das Lied in Oberndorf erstmals gesungen. Österreich hat allen Grund, sich bis dahin noch mehr einfallen zu lassen als die Digitalisierung von Vinylplatten.

„Stille Nacht“ ist fast unschlagbare musikalische Österreich-Werbung, sie kann mit Mozarts „Kleine Nachtmusik“ konkurrieren. Nicht umsonst warb der geborene Oberndorfer Journalist Leopold Kohr, der für die „New York Times“ und die „Washington Post“ schrieb, im Zweiten Weltkrieg mit diesem Lied für die Eigenständigkeit und Befreiung Österreichs; Roosevelt und Churchill sangen es 1941 gemeinsam. „Shteal–lay Nahcht!“? Nein, „Silent Night“. Besser so.

anne-catherine.simon@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.04.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.