Der Weltuntergang macht Freude. Er ist gut besetzt.

Vorteile führen nicht weit. Ich konnte das feststellen, als ich nach Langem wieder ins Sprechtheater ging. Jetzt höre ich mir Lieder an.

Nimmt man die Texte der Wienerlieder, alles in allem, muss die finale Angst des hierzulande Geborenen sein, zum Weltuntergang zu spät zu kommen. Selbiger ist ja für heuer fix geplant, wie man hört. Das Datum steht, glaube ich, noch nicht ganz genau fest. Ich buche jedenfalls für 7. Oktober einen Sitzplatz im Stadtsaal in der Mariahilfer Straße.

Dort läuft ab heute die begleitende Weltuntergangsshow von Helmut Jasbar mit Katharina Straßer und Cornelius Obonya. Ich gehe am 7., denn für den Tag ist die letzte Aufführung angesetzt. Die vorangehenden sind wahrscheinlich Generalproben. Am letzten Abend muss es dann so weit sein. Die Programmankündigung verrät: „Keiner kommt hier lebend raus.“

Wenn das schon so sein muss, dann am besten unter den Klängen einer Retrospektive auf die schönsten musikalischen Untergangsprophetien der jüngeren Vergangenheit von Frank Sinatra bis Pink Floyd, von Leonard Cohen bis Tom Waits, eingebettet in einen Dialog, der noch weiter zurückgrast, bis ins 12. Jahrhundert, als man den Untergang bereits für nahe gehalten hat. Angesichts der Erdgeschichte muss ja das nicht falsch gewesen sein.

Jetzt, wo es so weit ist, bin ich dankbar, dass Helmut Jasbar sein Programm mit diesen beiden Schauspielern realisiert, kann ich doch so einen Plan ausführen, den ich vergangenen Sommer ausgeheckt habe.

Ein Stufenplan insofern, als er sich in Stufen kristallisierte. Anlässlich der Reichenauer Aufführung des „Reigens“ hatte ich auf gutes Zureden von Freunden meine Sprechtheater-Abstinenz unterbrochen und bei dieser Gelegenheit nicht nur festgestellt, dass es doch noch vernünftige Theaterregisseure gibt.

Vielmehr fand ich auch Katharina Straßers „Süßes Mädel“ so bezaubernd, dass ich mir vornahm, die Spielpläne für den Herbst zu durchforsten, um vielleicht ein Comeback im Theater-Zuschauerraum zu wagen.

Dann kam die Salzburger „Ariadne auf Naxos“ mit dem neu arrangierten „Bürger als Edelmann“ als Vorspiel. Der Bürger war Cornelius Obonya. Er hat mir den Rest gegeben.

Nun wäre ich sogar bereit gewesen, ein Stück mit Straßer, ein anderes mit Obonya zu wagen, um nochmals in den Genuss so gottgegeben natürlicher Schauspielerei zu kommen – live, nicht in Filmaufzeichnungen der Auftritte von Kalibern wie Obonyas Großvater Attila Hörbiger angewiesen.

Dann kam die Ankündigung von Helmut Jasbars Abend. Alle Beunruhigung, ich könnte es vor dem Weltuntergang nicht mehr in eine Vorstellung mit Straßer oder Obonya schaffen, fielen von mir ab. Ich schaffe es; noch dazu beide an einem Abend! Am 7. Oktober. Wer mag, kann ja schon am 1., 2., 3., am 5. oder 6. Oktober vorbeischauen. Die Terminfrage, wie gesagt, ist ja aus welthistorischer Perspektive nicht restlos geklärt.

E-Mails an: wilhelm.sinkovicz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2012)

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