Österlicher Hexenschuss für den Generalmusikdirektor bei „Parsifal“

Das Feiertagsprogramm in Wien bescherte Besinnliches am Karfreitag – und eine höchst schmerzhafte Osterüberraschung für Franz Welser-Möst in der Staatsoper.

Nicht nur die neuerliche Absage von Jonas Kaufmann sorgte bei der zweiten der drei Wiener „Parsifal“-Aufführungen für Diskussionen – anlässlich der Reprise am Ostersonntag befielen Generalmusikdirektor Franz Welser-Möst schon während der ersten Szene im Gralsbezirk heftige Schmerzen.

Eine falsche Bewegung führte zum Wiederausbruch der Rückenschmerzen, die den Künstler bereits seit vielen Jahren immer wieder plagen. Dem Hexenschuss zum Trotz dirigierte Welser-Möst den ersten Aufzug von Wagners „Bühnenweihfestspiel“ zu Ende – der dauert immerhin beinah so lang wie die gesamte „Salome“ von Richard Strauss! Unmittelbar nach Verlassen des Orchestergrabens ereilte den Dirigenten dann ein Kreislaufkollaps. Er wurde im AKH verarztet.

Unter den Besuchern der „Parsifal“-Aufführung herrschte zunächst freilich Rätselraten. Die meisten hatten von den Unbilden gar nichts bemerkt und wunderten sich lediglich über die Länge der Pause.

Als alle wieder im Zuschauerraum versammelt waren, lüftete Direktor Dominique Meyer das Geheimnis – und schickte das Publikum noch einmal in die Foyers. Erst nach einer weiteren Viertelstunde war klar: Einer der Korrepetitoren des Hauses, James Pearson, der wesentlich an der Einstudierung der laufenden Aufführungsserie mitgewirkt hatte, war mutig genug, den Maestro zu ersetzen. Er führte die Vorstellung sicher zu Ende und erntete freundlichsten Applaus. Was kaum jemand erfuhr: Während der zweiten Pause zog sich der für Jonas Kaufmann eingesprungene Titelheld, Christian Elsner, bei einem Sturz blaue Flecken zu, sang aber ungeniert auch den dritten Akt.

Ob die geplante Besetzung – Kaufmann als Parsifal, Welser-Möst am Dirigentenpult – kommenden Donnerstag zustande kommen wird, steht in den Sternen. Bemerkenswert ist jedenfalls, dass es trotz Kaufmanns Krankheit gelang, aus dem ersten „Parsifal“ (mit Christopher Ventris) eine Sternstunde werden zu lassen und den zweiten bei allen Turbulenzen zumindest achtbar zu Ende zu bringen. Und dass sich für den heutigen „Wozzeck“ prominenter Ersatz fand: Dennis Russell-Davies springt ein und feiert damit sein Hausdebüt.

Weniger aufgeregt verlief das Osterklangfestival der Stadt Wien, bei dem seit einigen Jahren sogar am früher rigoros spielfreien Karfreitag ein passendes Programm geboten wird: Diesmal las Klaus-Maria Brandauer in der Minoritenkirche Texte Dietrich Bonhoeffers, musikalisch assistiert von Franz Bartolomey, der bewies, dass das Auslaufen seiner Zeit als Solocellist der Philharmoniker nicht gleichbedeutend damit ist, dass er in den Ruhestand tritt. Daran denkt der geborene Musikant noch lange nicht.

Einen Schlusspunkt setzte hingegen Fabio Luisi, der zum letzten Mal in seiner Funktion als Chefdirigent das traditionelle Konzert „Frühling in Wien“ der Symphoniker dirigierte.

Luisi hat seinen Lebensmittelpunkt längst nach New York verlegt, wo er als Favorit für die Nachfolge James Levines als Chefdirigent der Metropolitan Opera gehandelt wird. In Europa ist derzeit Zürich seine Heimstätte. Dort ist er Nachfolger Welser-Mösts am Opernhaus.

E-Mails:wilhelm.sinkovicz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.