Romantische Klänge zum Gedenken an einen Erzmusikanten

Prächtige, im Konzertleben vernachlässigte Literatur ist, wenn auch aus traurigem Anlass, im Mozartsaal des Konzerthauses zu hören.

Kommenden Freitag und Samstag bittet man im Wiener Konzerthaus zu einem Programm „in memoriam“. Es gilt, des Musikers Friedemann Weigle zu gedenken, der nach langer Krankheit, aber letztlich unerwartet, im Sommer 52-jährig gestorben ist – sein Leiden hat er so tapfer getragen, dass selbst seine Musikerkollegen überrumpelt waren von der Todesmeldung: Weigle war Bratschist des Artemis-Quartetts und prägte mit seinen seelenvollen Alt-Tönen eines der herausragenden Kammermusikensembles der jüngeren Generation.

Im Konzerthaus setzte man sehr auf die energischen, lebendigen Interpretationen dieser Musikergemeinschaft. Aug in Aug mit dem Belcea-Quartett sollte das Artemis-Quartett das Erbe des Alban Berg Quartetts antreten, das für viele Musikfreunde nach wie vor als schier unersetzlich gilt.

Dem Artemis-Quartett hatte man zugetraut, dank seiner künstlerischen Aussagekraft das Publikum überzeugen zu können. Der Tod des wunderbaren Bratschisten trifft daher nicht nur seine Quartettkollegen, sondern auch alle organisatorischen Kämpfer für die Sache der Kammermusik ins Mark.

Weil ein solcher Musiker nicht mir nichts, dir nichts zu ersetzen ist, haben sich die Mitglieder des Artemis-Quartetts entschlossen, zunächst zu dritt weiterzuarbeiten – und Musizierpartnerschaften einzugehen, um aus den geplanten Quartett-Abenden der eben begonnenen Saison doch besondere Ereignisse zu machen.

Für den Gedenkabend am 9. Oktober fand sich die Pianistin Elisabeth Leonskaja bereit, mit dem Trio aufzutreten. Den Beginn markiert freilich eine eigens für diesen traurigen Anlass arrangierte „Partita“, die Musik von Johann Sebastian Bach und Astor Piazzolla vereinigt: „In memoriam Friedemann Weigle“ musizieren seine langjährigen Partner Vineta Sareika, Gregor Sigl und Eckart Runge.

Danach gibt es zwei Stücke, mit deren Wahl Weigle wohl zufrieden gewesen wäre, denn er galt als besonderer Connaisseur der reichen kammermusikalischen Literatur und war wohl auch zuweilen enttäuscht darüber, dass es einige prächtige Werke nicht schaffen, im Repertoire so recht vor Anker zu gehen, weil ganz einfach die Besetzung nicht in die inflexiblen Vorgaben des Konzertbetriebs passt.

Tatsächlich kann man die großen Klaviertrios häufig hören, weil sich für diese Literatur exzellente Ensembles gefunden haben, die in aller Welt musizieren. Auch Klavierquintette stehen auf der Tagesordnung, denn Pianisten, die mit Streichquartetten konzertieren, finden sich leicht. Die vielen wunderbaren Kompositionen, die seit Mozart für Klavier und Streichtrio geschrieben wurden, führen dagegen ein Schattendasein, weil immer einer der beiden Geiger eines Quartetts zum Pausieren gezwungen wäre. Nun greift Gregor Sigl für Schumann und Brahms zur Bratsche.

E-Mails an: wilhelm.sinkovicz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2015)

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