Es kann auch sein, dass jemand in Wien einfach zu gut arbeitet

Interessanterweise wird wiederholt Kritik an jenem Bundestheater-Direktor laut, der das allerbeste Ergebnis vorweisen kann.

Es lässt tief blicken, wenn der scheidende Interimschef der Bundestheater-Holding im Interview angesichts der künstlerischen Perspektivenlosigkeit der Volksoper und eines halbwegs ausgestandenen Finanzskandals an der Burg ausgerechnet den Staatsopern-Direktor und dessen Finanzdirektor kritisiert, weil sie nach seiner Meinung zu wenig mit der Holding zusammenarbeiteten.

Die realen Kritikpunkte muten angesichts der Fakten, die dem eben veröffentlichten Bundestheater-Bericht zu entnehmen sind, geradezu lächerlich an. Wie sonst soll man es bewerten, dass eine Direktion, die die Einnahmen über die Jahre hin um Millionen erhöhen konnte und einen Spielplan erstellt, der sogar unter Einbindung notorisch schwer verkäuflicher zeitgenössischer Kompositionen für ein stets nahezu ausverkauftes Haus sorgt, dafür gescholten wird, dass sie der Bundestheater-Führung die Premieren der kommenden Spielzeit nicht im Voraus verraten hat?

Angeblich würden außerdem zu wenige Sponsorengelder lukriert. Diese Anmerkung lässt immerhin den Schluss zu, dass Sponsoren-Kaiser Alexander Pereira, derzeit Mailand, Lust bekundet haben könnte, nach Wien zu übersiedeln.

Pereira war ja Ende der Achtzigerjahre, vom Konzerthaus kommend, mit einem Erneuerungsprogramm für das Repertoiresystem dem Duo Eberhard Waechter/Ioan Holender unterlegen. Freilich: 2020 wäre Pereira 73 Jahre alt.

Als Signal für eine Verjüngung könnten auch andere Lieblingskandidaten der Gerüchtebörse kaum gelten. Münchens Intendant, Nikolaus Bachler, würde im ersten Jahr, in dem er nach Burgtheater und Volksoper auch noch die Staatsoper übernähme, seinen Siebziger feiern; ein Bundestheater-Hattrick scheint auch eher seitenblicketauglich als zukunftsträchtig.

Roland Geyer ist nur ein Jahr jünger als Bachler. Und er hat als Theater-an-der-Wien-Intendant zwar Erfolg, aber nur Erfahrung mit einem Stagione-Betrieb. Das gälte letztlich auch für die Lieblingskandidatin aus der Umgebung von Ex-Staatsopern-Chef Holender, Elisabeth Sobotka, die von ihrem ersten selbstständigen Intendantenposten in Graz bald nach Bregenz zu den Festspielen abging – und sich dort erst bewähren muss.

Für sie spräche, dass sie als Einzige deutlich jünger ist als die anderen Vielgenannten. Wobei noch niemand erklärt hat, was gegen eine Verlängerung der Amtszeit des derzeitigen Staatsopern-Chefs einzuwenden ist. Die hohen Auslastungszahlen? Die deutliche Einnahmensteigerungen? Die Vermehrung der Sponsorengelder? Die Engagements nahezu sämtlicher Superstars des internationalen Opernlebens? Die Aufträge für fünf neu zu komponierende Opern? Die Tatsache, dass Meyer und sein Finanzchef gut zusammenarbeiten? Die Aussage der Philharmoniker-Vertreter, sich Dominique Meyer über 2020 als Direktor gut vorstellen zu können?

E-Mails an:wilhelm.sinkovicz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.02.2016)

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