Wiens neuer Altar für den Heiligen Diskurs

Nicolaus Schafhausen hat sein erstes Programm für die Kunsthalle Wien präsentiert. Vor allem wird erst einmal umgebaut.

Es gibt kaum langweiligere Veranstaltungen als Jahres-Pressekonferenzen – alles war toll, alles wird toll sein, und von dann bis dann finden diese und jene Ausstellungen statt. Deswegen langweilen wir Sie mit diesen Werbeeinschaltungen auch nur dann, wenn tatsächlich große Neuerungen vermeldet werden.

Was ein Grund wäre, über die gestrige Jahres-PK der Kunsthalle Wien nicht zu schreiben. Denn dass der neue Direktor, Nicolaus Schafhausen, umbauen will, wissen wir schon. (Dass das fast ein halbes Jahr Schließzeit bedeutet, aber hallo!) Über die kindliche Manie neuer Direktoren, sich mit neuem Corporate Design in die neue Institution einzuschreiben, haben wir auch schon gespottet. (Engagiert wurde dafür der belgische Grafiker Boy Verrecken, der Blick von außen, Sie wissen schon...)

Schafhausens Blick von außen beschert uns zum Auftakt jetzt einmal das, was uns alle von außen Blickenden erst einmal bescheren: Thomas Bernhard und Sigmund Freud. Fehlen noch Heimo Zobernig und Franz West, dann wäre das Wien-Klischee perfekt abgebildet, aber da ist schon Schafhausens bundesdeutsche Landsmännin Carola Kraus vom Mumok dran.

Dafür wird die Kunsthalle in Kooperation mit den Wiener Festwochen ein zehntägiges Thomas-Bernhard-Festival mit rund 100 Teilnehmern aus Kunst, Musik, Tanz, Wissenschaft etc. veranstalten. Mitte Mai. Und im Herbst die Gruppenausstellung „Salon der Angst“ (Freud!) eröffnen, in Kunsthalle MQ und Karlsplatz gleichzeitig. Dazwischen – wird umgebaut.

Umgehauen hat einen das erste Programm Schafhausens nicht. Auch wenn es natürlich schön ist, die Vermittlung zu verstärken. Und die Kunsthalle anderen Disziplinen zu öffnen. Was zu einer prinzipiellen Problematik führt. Was kann, soll die Kunsthalle Wien eigentlich sein? Im Vergleich zum 21er Haus, das ebenfalls junge internationale Kunst zeigt. Zum Mumok, das auch Einzelausstellungen internationaler Rising Stars programmiert. Fehlt nur noch ein cooles Künstlerkino in der Kunsthalle, dann wären die drei Orte auch von den Accessoires her nahezu ident.

Und auch ident mit Dutzenden anderen Kunsthallen, Kunstvereinen, Museen in Europa. Überall dieselben Namen, dieselben Galerien im Hintergrund, dieselben Netzwerke. Und bei der Art Basel ist die Kunsthalle heuer übrigens auch vertreten. Wohl nicht, um die neuesten Trends zu entdecken, denen Schafhausen wenig abgewinnen will – also um die aktuelle „Diskurslage“ zu checken, die ihm so am Herzen liegt? Oh sind wir contemporary. Oh sind wir fad. Taktisch aber durchaus klug: Zumindest die Wiener Szene-Schau „Lebt und arbeitet in Wien“ wird fortgeführt.

E-Mails: almuth.spiegler@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2013)

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