Wo ist hier das Problem?

Die Aufregung über zu geringe „Rentabilität“ internationaler Studierender in Österreich ist diskriminierend und auch absurd.

Studierende aus dem Ausland kosten Steuerzahler Unsummen, bringen „zu wenig Geld ins Land“, ziehen wieder weg – und jene, die bleiben sind die „Falschen“: Im „Presse“-Aufmacher vom Dienstag (2. 4.) wurden sie zur Belastung erklärt und in „gute, fleißige“ und „schlechte, faule“ internationale Studierende geteilt – und damit problematische Ressentiments gegen sie geschürt.
Was dabei vergessen wurde: Nicht die ausländischen Studierenden, sondern die Rahmenbedingungen in Österreich sind das Problem. Zu uns zieht es internationale Studierende hauptsächlich wegen der Qualität der Unis, des Interesses am Studium. Nur 18 Prozent kommen wegen eines fehlenden Studienplatzes zu Hause, was aber nichts darüber aussagt, ob Studierende einmal nobelpreisverdächtige Forscher werden.

Das hängt nur damit zusammen, ob das Fach eine Person begeistert. Denn was „der Markt“ in zehn Jahren braucht, ist unvorhersehbar. Kompetente Studienabsolventen, bei denen kritisches Hinterfragen und Kreativität gefördert wurden, werden ihre Nischen bestimmt finden. Nicht umsonst haben Philosophen eine der geringsten Arbeitslosenquoten.

Für internationale Studierende ist das oft mehrfach schwierig: Viele haben nur geringfügige Arbeitserlaubnis oder bekommen schlechtere Jobs als Österreicher. Während österreichische Studierende durchschnittlich 996 Euro zur Verfügung haben, haben internationale nur 890 Euro im Monat. 32 Prozent geben an, finanzielle Schwierigkeiten zu haben. Förderungen und Unterstützung gibt es neben dem ÖH-Sozialfonds kaum.

Absurde Einkommensgrenzen


Vielen Studierenden bleibt oft nur, das Studium abzubrechen. Dies setzt sich nach dem Studium fort: Nur 14 Prozent wollen wieder in ihr Herkunftsland zurückkehren. Doch um dauerhaft in Österreich zu leben wird eine Aufenthaltsbewilligung benötigt.
Die dafür geschaffene Rot-Weiß-Rot-Card ermöglicht dies aber nicht: Denn das unrealistische Einstiegsgehalt von 1997 Euro ist für viele unerreichbar. Kein Wunder, dass es viele in andere Staaten zieht – auch weil die Jobchancen dort attraktiver sind: Wieso sollten sich junge Mediziner im österreichischen Turnus ausbeuten lassen, wenn sie stattdessen eine Facharztausbildung in Deutschland machen können?

Dabei hat sich Österreich im Bologna-Prozess entschlossen, einen europäischen Hochschulraum mitzugestalten. Angesichts des Anstiegs internationaler Studierender müsste es eigentlich Jubelmeldungen regnen! Stattdessen werden durch absurde Einkommensgrenzen, mangelhafte Unterstützung bei finanziellen Problemen oder beim Aufenthaltsrecht junge Menschen davon abgehalten, in Österreich zu leben.
Die Aufregung über zu geringe „Rentabilität“ von internationalen Studierenden ist nicht nur diskriminierend, sondern zu 100 Prozent selbst verschuldet. Wer die Schuld an der eigenen politischen Unfähigkeit kaschieren möchte, indem er Stimmung gegen internationale Studierende macht, greift den Kern der europäischen Idee an, dass Menschen miteinander leben, wo sie gern möchten. Rassismus hat da keinen Platz.

Janine Wulz (27), hat ihr Diplomstudium der Politikwissenschaft an der Uni Wien abgeschlossen und ist seit Juli 2011 im Vorsitzteam der ÖH-Bundesvertretung.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

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