Hypo-Debakel: Die Risken einer Anstaltslösung

Für den Steuerzahler würde diese Lösungsvariante ganz sicher zum Fiasko.

Befürworter der Anstaltslösung betonen die Risken einer Insolvenz der HAA („Sanierung“) für den Finanzplatz Österreich: Die Refinanzierungskosten für Bund, Länder und Banken könnten steigen und immense Folgeschäden nach sich ziehen. Daraus wird gefolgert, der Steuerzahler müsse daher zur Kassa gebeten werden. Doch nach den Risken der Anstaltslösung wurde bisher wenig gefragt, eine sachliche Abwägung der Varianten steht noch aus.

Der öffentliche Schuldenberg würde mit einem Schlag um circa 19 Mrd. Euro steigen, das entspricht gut neun Zehnteln der Sozialversicherungsbeiträge eines Jahres. Dafür sind nicht nur Zinsen (rund 450 Mio. Euro) zu zahlen, ab 2016 ist auch ein Zwanzigstel, also fast eine Milliarde, an Tilgungen abzutragen. Wie stark nach drei bis vier Jahren diese Beträge durch Rückflüsse reduziert werden können, hängt davon ab, wie gut die Anstalt arbeitet – Skepsis ist geboten – und ob die Bonität des Bundes in Mitleidenschaft gezogen wird.

Für einen ersten Eindruck werfen wir einen Blick auf die Bewertungsgrundlagen der Ratingagenturen. Bei aller Kritik an ihnen (Interessenkonflikte etc.) entsprechen deren Kriterienkataloge durchwegs ökonomisch fundierten Kriterien.

Negativer Schock

Der wichtigste quantitative Schritt zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit eines staatlichen Schuldners sind die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen für die Erfüllung seiner Verpflichtungen. Nach diesem Kriterium müsste das Rating für den Bund bei der Sanierungslösung vorteilhafter ausfallen, denn diese ist deutlich billiger. Für die Länder sollte das Gegenteil gelten, allen voran Kärnten, auch die Banken müssen teils mit höheren Refinanzierungskosten rechnen.

Das Gegenteil gilt für die Anstaltslösung: Die Schuldenquote Österreichs stiege hier auf über 80 Prozent in die Nähe kritischer Werte, das Rating des Bundes würde sich tendenziell verschlechtern (Länder und Banken hätten hier Vorteile, sie könnten sich nach wie vor auf Bundeshaftungen berufen). Gravierend wäre allerdings nun ein weiterer negativer Schock.

Die nächsten Sparpakete

Genau dieser ist bei der Anstaltslösung aber programmiert: Wird der Konsolidierungskurs beibehalten, ist ein Sparpaket erforderlich, welches das Wirtschaftswachstum bremst. Nun sind die Fiskalmultiplikatoren in der Rezession größer, das Steueraufkommen sinkt und noch ein weiteres Sparpaket könnte erforderlich werden. Verlässt die Republik im Gegenteil den Konsolidierungskurs, hat sie erst recht mit einer Abstrafung durch die Kapitalmärkte zu rechnen.

Ein weiteres qualitatives Kriterium der Ratingagenturen bezieht sich auf die Berechenbarkeit von Politik und Institutionen sowie die Transparenz der Prozesse. Eine ungeplante Insolvenz kann Misstrauen hervorrufen, Risken sind nicht auszuschließen. Sofern es der Regierung gelingt, die Sanierung professionell und transparent durchzuführen, sollte das Rating nicht Schaden erleiden, sondern sich im Gegenteil verbessern. Es gibt sogar in dieser Krise eine Chance: Wenn endlich klare Regeln zwischen Bund und Ländern aufgestellt werden, werden auch andere Baustellen des österreichischen Schmalspurföderalismus geschlossen.

Nur ein Risiko enthält die Anstaltslösung nicht: Für den Steuerzahler wird sie mit Sicherheit zum Fiasko. Schon allein deshalb, weil sich in Zukunft alle Beteiligten darauf verlassen werden, dass Bankschulden – koste es, was es wolle – sozialisiert werden. Die Gläubiger sind auf Kosten der Steuerzahler fein heraus. Das ist weder ökonomisch vernünftig noch gerecht. Noch ist es nicht zu spät...

Eva Pichler lehrt Volkswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien, Schwerpunkte sind Industrieökonomie und Sozialpolitik.

E-Mails an:debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.03.2014)

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