Es geht um Europas Werte, nicht um Gurkenkrümmung

Die Europawahlen am 25.Mai werden zur Richtungsentscheidung. Bekommen jene Rückenwind, die aus Liebe zu Europa Veränderungen umsetzen wollen? Oder werden die nationalen Raunzer mit ihrem rückwärtsgewandten Kurs gestärkt?

Europa ist ein Friedensprojekt – ein Satz, der zuletzt zur Floskel in politischen Sonntagsreden verkommen ist. Schließlich war die Möglichkeit eines Krieges mitten in Europa ein utopischer Gedanke. Durch den Konflikt um die Krim ist Europas Bedeutung als Projekt der Friedenserhaltung wieder in den Mittelpunkt gerückt. Auch die anstehende Europawahl wird unter dem Eindruck des Ringens um eine Lösung für die Ukraine stehen – zumal am 25.Mai in der Ukraine Präsidentschaftswahlen stattfinden werden.

Für die EU bedeutet die Ukraine sowohl Krise wie auch Chance: Einerseits werden – im Zuge der Bemühungen um eine gemeinsame Position aller EU-Staaten – die Konstruktionsschwächen der Gemeinschaft sichtbarer denn je. Andererseits bietet sich für die EU die Gelegenheit, den Einsatz für gemeinsame Ideale wie Rechtsstaatlichkeit, Freiheit und Marktwirtschaft – die DNA der europäischen Idee – wieder an die Spitze der politischen Agenda zu stellen.

Die Europawahlen stellen daher eine Richtungswahl dar: Bekommen jene Rückenwind, die aus Liebe zu Europa längst notwendige Veränderungen umsetzen wollen? Oder werden die nationalen Raunzer und Kleinstaatler mit ihrem rückwärtsgewandten Kurs gestärkt?

Baustelle Sicherheitspolitik

Die Neos stehen für Ersteres: Wenn in dieser Krise etwas offensichtlich ist, dann ist es die Notwendigkeit von mehr Europa. Europa muss wieder rasch handlungsfähig werden. Um das zu erreichen, bedarf es institutioneller Reformen. Wir wollen eine föderale, parlamentarische Demokratie mit einer Europäischen Verfassung – kurz: die Vereinigten Staaten von Europa. Es braucht daher einen von Bürgern gewählten Verfassungskonvent mit anschließender Abstimmung darüber.

Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik ist eine Baustelle, die jeden Tag mehr ins Auge sticht: Haben wir den Mut, Europa mit einer Stimme sprechen zu lassen. Die Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik muss zur EU-Außenministerin werden, die auf Augenhöhe mit unseren weltpolitischen Partnern agieren kann.

Kiewer Maidan als Vorbild

Europäische Friedenssicherung verlangt aber auch nach einer gemeinsamen Verteidigungspolitik. Gewaltsame Konflikte an den Grenzen der EU stellen eine reale Gefahr sind, wie die Ukraine gerade zeigt. Derzeit ist es für besorgte mittel- und osteuropäische sowie die baltischen Staaten aber vor allem die Nato, die ihnen das Gefühl von Sicherheit vermittelt.

Die EU braucht ihre eigene Budgethoheit. Europäische Steuern müssen im Abtausch mit einer Reduzierung der Mitgliedsbeiträge durchgesetzt werden. Zugleich sollten die landwirtschaftlichen Förderungen zugunsten von mehr Mitteln für Forschung und Innovation reduziert werden, um so die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu fördern.

Und nicht zuletzt hat die europäische Idee nur dann Bestand, wenn sie auch der jungen Generation weiter die Möglichkeit gibt, die Vorteile eines gemeinsamen europäischen Bildungsraums zu nützen und sich auch beruflich entfalten zu können – abgesichert durch ein faires Sozialsystem.

Der Mut der Menschen vom Maidan, für europäische Werte zu kämpfen, sollte auch allen Wahlberechtigten am 25.Mai Vorbild sein. Wir sollten uns wieder die Sicht auf das frei machen, worum es geht: Werte wie Freiheit und Rechtsstaatlichkeit sind die Gründe, warum wir Europa lieben und nicht Glühbirnen- und Gurkenkrümmungsdebatten. Bei den anstehenden EU-Wahlen gilt es, für die gemeinsamen Werte einzutreten.

Angelika Mlinar (geboren 1970) ist promovierte Völkerrechtlerin und Spitzenkandidatin der Neos für die Europawahlen am 25.Mai.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2014)

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