Alle Wege führen zur Kassa

Abstimmen über das Hypo-Desaster dürfen die nicht eingebürgerten Bewohner Österreichs nicht. Mitzahlen aber schon.

Man verlässt ein Land, in dem ein Krieg auszubrechen droht. Man ist nicht bereit, sich am Töten zu beteiligen. Inzwischen in Österreich „integriert“, wird man dazu gezwungen, steuerlich sowohl für eine Bank, die pleite ist, als auch für all jene Kriegsverbrecher und Schandtäter geradezustehen, die diese Bank tatkräftig und monetär in der Vergangenheit unterstützt hat: gerade jene also, vor denen man wissentlich und gerade noch rechtzeitig in die Freiheit „geflüchtet“ ist.

Kroatische oder sonstige exjugoslawische, pazifistisch oder demokratisch orientierte Staats- oder EU-Bürger, dürfen sich an der Petition zur Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Hypo-Alpe-Adria-Desaster nicht beteiligen. Genauso wenig dürfen sie einen Haftungsboykott („Kein Steuergeld für Banken“) unterschreiben, um ihre Proteststimme zu erheben.

Der Haftungsboykott soll in einem Volksbegehren münden, anhand dessen der Nationalrat, wie es so schön heißt, mit einem Bundesverfassungsgesetz Maßnahmen und Regelungen beschließen dürfe, die die Überwälzung von schlagend gewordenen Haftungen für Banken auf die Steuerzahler unterbinden und derartige Haftungsübernahmen verbieten sollen. Konkret auch im Falle Hypo-Alpe-Adria. Mit einer Unterschrift würde man den Antrag auf Einleitung eines solchen Verfahrens stellen.

Eine Minderheit an Rechtlosen

Nur, einer Minderheit an Rechtlosen wird laut österreichischer Verfassung kein Recht auf Abstimmung eingeräumt, geschweige denn eine zustehende Einmischung in das außerhalb der Grenzen reichende Bankwesen dieses Landes.

Ja, die Causa betrifft jeden einzelnen verdienenden Österreicher. Nein, nicht nur sie, sondern auch all jene rechtlosen Nichtösterreicher, die sich in diesem Fall an keinem Krieg beteiligen wollten, nun aber steuertechnisch, im Sinn einer fiktiven Gleichstellung, zur Kassa gebeten werden. Mit welchem Recht eigentlich?

Natürlich wird seitens der Behörden auf eine Einbürgerung hingewiesen, ein Cashflow im besten Sinn des Wortes. Denn auch nach über 20Jahren steuerpflichtigen Aufenthalts werden „Migranten“ auch auf diesem Weg saftig zur Kassa gebeten und müssen ihre Staatsbürgerschaft entrichten, ehe sie sich an einem Volksbegehren beteiligen dürfen. Alle Wege führen unweigerlich doppelt und dreifach zur Kassa, keiner zu einer humanen und nachvollziehbaren Lösung.

Zudem drückt sich in Parlamentskreisen fast jeder davor, das Wort „Referendum“ zum Thema Banken in Österreich laut in den Mund zu nehmen. Es kann nicht genug wiederholt werden, dass die Hypo-Schuldenlast und die vieler ähnlicher Geldinstitute, die schlimmstenfalls noch folgen mögen, nicht durch das Verschulden der gewöhnlichen Steuerzahler zustande kamen.

Die nötigen, gänzlich transparenten Schritte gehören eingeleitet, um auch all jene eingebürgerten oder nicht eingebürgerten Bewohner Österreichs in Schutz zu nehmen, die dezidiert Abstand von Krieg und steuerlichen Verpflichtungen im Sinn künftiger Bankreanimationen nehmen.

Petra Popović, Romanistik und Filmstudium in Salzburg, Rom und Aix-en-Provence. Mitbegründerin des „This Human World“-Festivals der Menschenrechte in Wien. Filmkuratorin und freie Autorin.

E-Mails an:debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2014)

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