Dominanz beenden! Europa muss Google die Stirn bieten

Ein Appell österreichischer Zeitungsverleger an die EU-Kommission.

Mit dem Slogan „Verteidige dein Netz“ hat Google Deutschland im Vorjahr gegen eine missliebige Gesetzesinitiative kampagnisiert. Mit „dem Netz“ meinte der Suchmaschinengigant nicht unbescheiden sich und seine Interessen. Es ist wahr: Als Nutzer kann man sich das Web nur mehr schwer ohne die Google-Suche vorstellen. Googeln ist ein unverzichtbarer Teil des täglichen Lebens geworden.

Wie komme ich am schnellsten zum Stephansplatz? Wie viel Kalorien hat ein kleines Bier? Wer bietet den besten Preis für das neue Flachbildschirm-Modell? Auf alle diese Fragen hat Google eine Antwort. Täglich verarbeitet der US-Konzern etwa 3,5 Milliarden Suchanfragen. Doch hat er auch immer die relevantesten Antworten?

Nein. Google bevorzugt die eigenen Angebote in den Suchergebnissen. Dem Anfrager können so die relevantesten Ergebnisse vorenthalten werden. Auch wenn andere Google-Suchergebnisse nach dem Motto „Wer bietet mehr?“ statt nach Relevanz nach oben gereiht werden, ist das nicht im Sinn der Konsumenten und auch nicht im Sinn eines fairen Wettbewerbs.

Übrigens, wer kennt schon eine europäische Alternative zu Google Maps? Es gab sie schon vor dem Google-Kartendienst, und mittlerweile kennen sie nur mehr die wenigsten. Weil wir, wenn wir nach einer Adresse googeln, den Google-eigenen Kartendienst angeboten bekommen und uns Alternativen außerhalb der Google-Welt verschwiegen werden.

Quasi ein Monopolist

Google-Fans erwidern hier meist, dass Google ein innovatives Unternehmen sei und für sich die Gesetzmäßigkeiten des freien Marktes in Anspruch nehme. Zweifellos verdient der Unternehmergeist der Google-Chef-Etage größten Respekt. Aber ein Unternehmen wie Google, das auf dem Search-Markt einen Anteil von über 95 Prozent auf sich vereinnahmt, ist quasi ein Monopolist. Für Monopolisten und marktbeherrschende Unternehmen gilt eine erhöhte Fairness-Pflicht. Sie dürfen ihre Marktstellung nicht missbrauchen.

Zementierte Marktmacht?

Seit 2010 haben sich Beschwerdeführer aus zahlreichen EU-Mitgliedstaaten mit ihren Bedenken an die Europäische Kommission gewandt. Seit vier Jahren befasst sich die Kommission mit dem Sachverhalt. Als Reaktion hat Google der Kommission Verpflichtungszusagen angeboten, um das Verfahren zu beenden. Aber keine dieser Zusagen kann die Wettbewerbsbedenken ausräumen. In vielerlei Hinsicht zementieren sie Googles Marktdominanz sogar.

Trotzdem schwebt das Damoklesschwert einer überhasteten Entscheidung über diesem Verfahren. Die scheidende Kommission könnte einen Kompromiss in den letzten Tagen ihrer Amtszeit durchwinken. Daher sind nun die Europäischen Institutionen und die nationalen Akteure gefordert. Europa darf keinem Kompromiss zustimmen, der der digitalen Wirtschaft in Europa die Luft zum Atmen abschnürt.

Europa muss der Bevorzugung eigener Dienste durch den Quasimonopolisten ein Ende setzen. Zusätzlich brauchen wir einen nationalen sowie europäischen Rechtsrahmen, der einen Schritt in Richtung Waffengleichheit im Web setzt. Ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage wäre ein solcher Schritt. Österreichs Medienwirtschaft fordert daher zwei Dinge: Das heimische Urheberrecht muss im 21. Jahrhundert ankommen, und die Europäischen Institutionen müssen der Marktmacht Googles die Stirn bieten.

Mag. Gerald Grünberger ist Geschäftsführer des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ) und des Österreichischen Zeitschriften und Fachmedienverbandes (ÖZV). Zusammen vertreten die Verbände die Interessen von knapp 400 Zeitungen, Zeitschriften und Fachmedien in ganz Österreich.


E-Mails an:debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2014)

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