Kein Geld mehr für Schulmieten? Dann hört sich alles auf!

Regierung erklärt gerade auf offener Bühne ihre Bildungspolitik für bankrott.

Muss ich mir Sorgen machen, dass meine Enkel in drei bis sechs Jahren in einer Bruchbude die Volksschule absolvieren? Findet in zehn Jahren die schulische Ganztagsbetreuung in der Sekundarstufe in einem Zelt oder in einem unfertigen Bahntunnel statt? Die Regierung kann die vierte Quartalsrate an Mieten für die Bundesschulen von rund 75 Millionen Euro nicht zahlen. Der Eigentümer der Schulen, die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), soll die Mieten stunden. Sonst, so lautet die abenteuerliche Begründung, könnten die Lehrer nicht mehr bezahlt werden.

Vor rund zwei Jahren wollte die Regierung schon einmal die Schulmieten aufschieben. Fehlt das Geld für die Ausbildung der Kinder schon längst? Für unsere Kinder? Nach all den Tänzen, die mit Steuergeld in den vergangenen Jahren aufgeführt worden sind?

Nun soll mir einmal jemand erklären, wie man als Steuerzahler, Vater, Großvater, Bewohner einer Mietwohnung, Auto- und U-Bahn-Fahrer, der in jeder Beziehung pünktlich zahlen muss, angesichts dieser Unverfrorenheit keinen Wutanfall aufreißen soll. Wie kann es sein, dass sich nicht vor dem Parlament und vor den Stadt- und Landesschulräten mit ihren Proporzbeamten ohne Aufgabe und Verantwortung Eltern schulpflichtiger Kinder zu Protestdemonstrationen versammeln?

BIG braucht Mieteinnahmen

Dazu kommt Folgendes: Die BIG kaufte haufenweise Immobilien von der Republik und muss die Schulden abstottern. Dafür braucht sie Mieteinnahmen. Die Geschäftsführung haftet für das wirtschaftliche Wohlergehen der BIG, auch für deren Fähigkeit, Verpflichtungen pünktlich zu erfüllen. Wäre das durch den Ausfall der 75 Millionen Euro gefährdet, dürfte die BIG die Schulmieten nicht stunden. Das Mindeste wären saftige Verzugszinsen von sechs Prozent aufwärts. Würde die BIG das tun, oder ist sie zu schwach? Dazu eine Personalie. Vor Kurzem wurde die ÖVP-Politikerin Christine Marek zur Aufsichtsratsvorsitzenden der BIG ernannt. Marek hat die Höhere Bildungsanstalt für Wirtschaftliche Frauenberufe absolviert und wurde zur Spitzenkandidatin der vorletzten Wiener Gemeinderatswahl ernannt. Die Wiener ÖVP wurde marginalisiert, sie hat sich von Mareks Wirken bis heute nicht erholt.

Lohn für die Parteitreue?

Im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu verschiedenen Korruptionsfällen agierte Marek dann in einer Weise, als sei sie eher am Vorübergehen der Stunden als an der Klärung der Korruptionsfälle interessiert. Ist der BIG-Versorgungsposten der Lohn für ihre Parteitreue?

Die seit vielen Jahren und unter reger Beteiligung von „selbst ernannten Bildungsexperten“ wie Bernd Schilcher (© Konrad Paul Liessmann) geführte „Reformdiskussion“ gefährdet die schulische Erziehung der Kinder schon schwer. Wenn nun die Regierung nicht einmal mehr die Mieten für die Schulgebäude oder die Gehälter der Lehrer zahlen kann, dann hört sich alles auf.

Die inkompetenten Bildungsministerinnen seit 1999 (Elisabeth Gehrer, Claudia Schmied, Gabriele Heinisch-Hosek) verkörpern bloß das grundlegende Scheitern von ÖVP/SPÖ an so etwas wie Regieren. Auch die Bildungsinitiative von Hannes Androsch war (unter Verwendung von „Fachleuten“ wie Schilcher) ein untauglicher Anstoß zur Reform.

Um ein Bild aus der Welt des Fußballs zu strapazieren: Du kannst Antikicker nicht dazu bringen, einen geraden Pass zu schlagen, indem du ihnen ihre Unfähigkeit attestierst. Aber die Zuschauer könnten sich wenigstens erheben und die Hundskicker vom Platz stampern.

Mag. Johann Skocek war Gymnasiallehrer. Heute ist er freier Journalist und Buchautor.


E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2014)

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