„Der Deutsche macht...“

Wie die Sozialdemokraten dem deutschstämmigen Klaus Johannis zum rumänischen Präsidentenamt verholfen haben.

Victor Ponta, der amtierende Premier, führte nach dem ersten Wahlgang um die rumänische Präsidentschaft mit satten zehn Prozent vor allen anderen Konkurrenten. Im zweiten Wahlgang unterlag er seinem Gegenkandidaten Klaus Johannis dann aber – entgegen allen Wahlprognosen – mit 43 zu 57Prozent.

Vor zwei Jahren gelangte die Sozialdemokratische Partei (PSD) zur absoluten Macht, weil innerhalb des Parlaments zahlreiche Abgeordnete die Parteizugehörigkeit wechselten. Seitdem regierte die PSD – zusammen mit der kleinen Ungarnpartei – mit dem 42-jährigen Victor Ponta als Parteivorsitzenden und Ministerpräsidenten.

In der Nachfolge seines aus dem Amt scheidenden Intimfeinds Traian Basescu war Victor Ponta der vermeintlich sichere Kandidat zur Erlangung der – gemäß rumänischer Verfassung – wichtigsten Stellung im Land. Pontas Bekanntheitsgrad, vor allem in der ländlichen Bevölkerung im sogenannten Altrumänien (also der Walachei und Moldawien), war unvergleichlich höher als jener von Johannis.

Aber die regierenden Sozialdemokraten wussten schon nach der Niederlage ihres Kandidaten Mircea Geoana bei der Präsidentenwahl 2009 gegen Basescu, dass die im Ausland lebenden rumänischen Staatsbürger – und es gibt derer mehr als eine Million in Spanien, Italien und Deutschland oder den USA – mehrheitlich nicht für als korrupt und ineffizient eingestufte Linke stimmen werden.

Der Kardinalfehler der PSD

So machten sie den Kardinalfehler, die Anzahl der Wahllokale außerhalb Rumäniens derart zu begrenzen, dass die Menschen sich viele Stunden in endlosen Schlangen anstellen mussten und viele trotzdem nicht mehr dazu kamen, ihre Stimme abzugeben. Das löste dann auch in Rumänien selbst eine heftige Reaktion aus. Sehr viele, insbesondere junge Wähler fühlten sich veranlasst, jetzt erst recht in Rumänien von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen: gegen Ponta und für Johannis.

Gegen den Wahlverlierer Ponta und seine Partei demonstrieren zuletzt immer mehr Menschen wegen der Wahlbehinderung. Der Oberstaatsanwalt überlegt eine Anklage gegen den Premier und seinen Außenminister wegen Behinderung eines von der Verfassung garantierten Bürgerrechts. Die Ungarische Partei ist schon aus der Koalition ausgetreten, und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Ponta seinen Posten und seine Partei die Regierungshoheit verliert.

Klaus Johannis, der tüchtige deutsche Mann aus Sibiu, sprich Hermannstadt, der nicht als ein Parteimann angesehen wird, spricht wenig – und wenn, kein besseres Rumänisch als Ponta. Doch er spricht eine ehrlichere, glaubhaftere Sprache und symbolisiert das rumänische Sprichwort „neamţul tace şi face“ – „der Deutsche schweigt und macht“.

Somit ist der Erste Mann im Staat, so wie anno 1881 der erste König des neu gegründeten Rumänien, Carol der Erste von Hohenzollern-Sigmaringen, wieder ein Deutscher. Und er verkörpert allein die Hoffnung der Rumänen – 24 Jahre nach dem Sturz der kommunistischen Diktatur von Nicolae Ceauşescu –, endlich die viel strapazierte Übergangsperiode („Perioada de tranziţie“) zu verlassen und wieder ein besseres und würdigeres Leben zu haben.

Ioan Holender (geboren 1935 in Timişoara/Temeswar in Rumänien) war von 1992 bis 2010 Direktor der Wiener Staatsoper.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2014)

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