Der gemeinsame Kampf gegen den Extremismus

Kosovos Außenminister Hashim Thaci
Kosovos Außenminister Hashim ThaciREUTERS
  • Drucken

Kosovo begrüßt die Initiative Österreichs, die gerade zum richtigen Zeitpunkt kommt.

In dieser Woche war Österreich Gastgeber einer Tagung der Außen- und Innenminister der Länder des westlichen Balkans, aber auch von Italien, Slowenien, Kroatien und der wichtigen regionalen Organisationen, um gemeinsam über die Wege der Zusammenarbeit im Kampf gegen den gewalttätigen Extremismus und Terrorismus in unserer Region zu diskutieren. Das Treffen findet in der Zeit nach den letzten schrecklichen Angriffen in Paris, Kopenhagen und zuletzt Tunis statt, die die globale Gesellschaft beunruhigt haben. 

Diese gewalttätigen Zwischenfälle erinnern uns an eine ständige Warnung, dass der Kampf für die Werte und Vielfalt des Humanismus kein nationaler Kampf mehr ist, sondern vielmehr eine gemeinsame Anstrengung, eine Grundlage zu definieren, auf welche Art und Weise die Welt für die künftigen Generationen des 21. Jahrhunderts aufgebaut wird. 

Kosovo begrüßt die Initiative Österreichs, die gerade zum richtigen Zeitpunkt kommt. Minister Sebastian Kurz fördert die Maßnahmen für die Umsetzung der neuen gesetzlichen Plattform der Integration von Minderheiten, welche das religiöse Leben der verschiedenen Gemeinschaften in der österreichischen Gesellschaft reguliert, und das möchten auch wir unterstützen. Wir haben die Debatte in Österreich aufmerksam verfolgt, und wir wollen auch ähnliche Maßnahmen in unserem Land einführen. Dies gilt als eine Versicherung, dass die extremen religiösen Interpretationen nicht die Ziele der kosovarischen Bürger beeinträchtigen, nämlich den Beitritt in die EU und NATO.

Wir sind ein Land, in dem die Mehrheit der Bevölkerung muslimisch ist. Wir sind eine säkulare Gesellschaft mit einer uralten Tradition der religiösen Toleranz. Muslime, Katholiken, orthodoxe Christen aber auch kleine jüdische und evangelische Gemeinden leben schon jahrhundertelang gemeinsam im Kosovo. Es ist nicht ungewöhnlich bei uns, dass Muslime Kirchen oder Christen eine Sufi-teke besuchen, um dort nach Heilung für eine seelische Erkrankung in Zeiten persönlicher Tragödien oder für andere persönliche Angelegenheiten zu suchen.

Der Kosovo-Krieg im Jahr 1999 war kein Religionskrieg, sondern ein Krieg gegen ethnische und politische Unterdrückung. Dasselbe gilt für die Kosovo- Unabhängigkeitserklärung. Mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft, dem UN-Gesandten Martti Ahtisaari und vielen Verhandlungen in Wien entstand ein neues Land auf dem europäischen Kontinent, das nicht eine ethnische oder religiöse Trennung antrebte, sondern sich auf das Bürgerrecht stützt. Deshalb sind die Vielfalt und der Schutz des religiösen Erbes meine Verfassungspflicht. 

Auch wenn Kosovo in einer schwierigen Zeit der globalen Finanzkrise und des Krieges im Nahen Osten entstanden ist, haben wir es geschafft unsere Wirtschaft zu entwickeln. Trotzdem bleibt die Zahl der Jugendarbeitslosen groß.

Viele Menschen sind emotional von den Szenen der Massaker in Syrien oder Kriegen in anderen Ländern betroffen. Wir haben gesehen, dass im Kosovo kleine Gruppen entstanden sind, die die historische Toleranz bedrohen und Teil des Diskurses des globalen Extremismus geworden sind. Diese Entwicklungen haben uns beunruhigt, denn wir wollen, dass Kosovo von unseren europäischen Partnern als gleichwertiger Partner gesehen wird. Wir haben verstanden, dass Kosovo mehr als die anderen Staaten tun muss, um nachzuweisen, dass es keine Unruhen hervorrufen, sondern zum Frieden beitragen möchte.

Kosovo verabschiedete nun ein neues Gesetz, das vorsieht, dass alle ausländischen Kämpfer, die sich an den Konflikten in Syrien und im Irak beteiligen, mit 15 Jahren bestraft werden. Wir haben mehr als 45 Verdächtige verhaftet, unter dem Verdacht, dass sie an der Ausbildung Jugendlicher oder ihrer Rekrutierung für die Schlachtfelder im Nahen Osten beteiligt waren. Wir haben auch einzelne Imame verhaftet, die in Hassreden und Rekrutierung verwickelt waren. Wir haben internationale religiöse Konferenzen organisiert, die als positiver Beitrag von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon gewertet wurden. Als Ergebnis unserer Bemühungen haben wir einen Rückgang der Zahlen der Kämpfer aus dem Kosovo in Syrien und im Irak gesehen. Unserem Nachrichtendienst zufolge sind derzeit nicht mehr als 60 Kosovaren in Syrien und Irak, obwohl es vergangenes Jahr noch mehr als 100 waren.

Es muss jedoch mehr getan werden. Wir müssen die Eltern einbinden, die nicht das Verschwinden ihrer Kinder in der Wüste des Mittleren Ostens sehen wollen. Wir müssen mit unseren Nachbarn diskutieren, sie sollen den nationalen Transport und die Kommunikation zwischen den Extremisten stoppen, und wir müssen zur Entwicklung der wirtschaftlichen Perspektive für die Jugend beitragen. Diese Herausforderungen erfordern eine gemeinsame Vorgehensweise und eine integrierte Kampagne. Wir sind dazu bereit, und aus diesem Grund versichern wir unserem Partner Österreich, dass Sicherheit auf unserem Kontinent erhalten bleibt und dass die Religion  uns nicht spalten wird, sondern, uns auf der Suche nach globalem Frieden vereinigen wird.

Hashim Thaçi ist Erster Vize-Premierminister und Außenminister der Republik Kosovo. 

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.