Die Sizilianer Österreichs

Vom Haider-Land, in dem angeblich Milch und Honig flossen, zum hoch verschuldeten Bundesland, in dem nichts mehr geht.

Die einen glaubten, sie seien unter Jörg Haider in dem Land, in dem Milch und Honig fließen. Für die anderen war alles von Anfang an ein Albtraum. Da der Landeschef sich das Privileg herausnahm, Steuergelder wann immer möglich abzuzweigen, machten es ihm viele nach. Es wurde fixer Bestandteil der Politik um Haider, „Provisionen“ zu verlangen, „part of the game“ sozusagen.

Die Politmafia funktionierte noch besser als die Baumafia. Jedes noch so windige Geschäft fand einen Gutachter, der für die Richtigkeit des Geschäfts seine Hand ins Feuer legte. Man schämte sich nicht einmal – ganz im Gegenteil: Man brüstete sich öffentlich, wenn Dietrich Birnbacher für ein paar Seiten sechs Millionen Euro bekam, wenn ein riesiges Stadion gebaut und ein Fußballverein gleich dazu gekauft wurde, wenn man es sich leisten konnte, drei Seen mit ein wenig Rundherum um 43 Millionen zu kaufen.

„Der Jörg, der tut etwas für uns“, hat es immer geheißen. Bei so viel Großzügigkeit wollte jeder dabei sein, wollte jeder ein Stück vom Kuchen haben. Die fetten Jahre für Berater ohne Leistung waren gekommen. Wie viel an die Partei zurückgeflossen ist, werden Gerichte klären müssen. Hat jetzt, beim Seenkauf, die Gewerkschaft oder die Bawag zehn Millionen zu viel bekommen? Man weiß es nicht, man hat noch immer Angst vor Klagen, wenn ein „gutes Geschäft“ schlechtgeredet wird.

Versäumter Lawinenschutz

Es stimmt schon, dass Haider mit der Hypo Alpe Adria einen Lawine losgetreten hat. Doch es war noch genug Zeit für Österreich, um eine Verbauung für die nächsten Lawinen aufzustellen. Denn ein Unglück kommt selten allein. Am 14.Dezember2009 ließen sich Finanzminister Josef Pröll, Bundeskanzler Werner Faymann und Staatssekretär Andreas Schieder beim Pokern über den Tisch ziehen, weil sie sich auf den „Insolvenzbluff“ nicht vorbereitet hatten.

Warum liest sich der Griss-Bericht im Internet viel spannender als das Dossier der OeNB über die HAA? Da wurde eine zweite Lawine losgetreten, die man nicht so leicht wird schönreden können!

Mit der Heta geht die Geschichte aber noch weiter. Heta zeigt allerlei Unarten der Politik in Österreich auf. Da wird die Hypo Alpe Adria um 250 Millionen Euro auf Herz und Nieren überprüft, dann wird über die drohenden Verluste von der zuständigen Finanzministerin Maria Fekter zwei Jahre lang der Mantel des Schweigens gebreitet. Nichts geschieht.

Weil das aber noch nicht ausreicht, kommt die gute Nachricht zum Schluss: Die Heta belastet den österreichischen Staat wahrscheinlich nur mit 4,6 und nicht, wie ursprünglich angenommen, mit 7,6Milliarden Euro. Wer aber gibt uns die anderen Milliarden zurück?

Somit sind wir in der Gegenwart angelangt: Nichts geht mehr in Kärnten. Hypo Alpe Adria und Heta bringen Kärnten an den Rand des Abgrunds. Wir sind zu den Sizilianern Österreichs geworden, weil eine toll gewordene Politmafia ein Vierteljahrhundert wüten konnte. Kultur, Straßenbau, Wohnbau, Schulen, Soziales, Umweltmaßnahmen, Museen – bitte warten!

Unfrohe Tage in Kärnten. Hoffentlich geht's Mitte Mai weiter, wenn der Bund Geld überweist. Sonst: „Gute Nacht, Kärnten.“

Egon Hofer (geboren 1961 in Maria Saal) war Maschinenbauingenieur und unterrichtet seit 1992 als Sonderschul- und Beratungslehrer in Klagenfurt.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2015)

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