Mehr Demokratie – um dasselbe Geld

Wie die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Medien besser abzusichern wäre: mit einer Haushaltsabgabe.

Mein Vorschlag, die derzeitige Rundfunkgebühr in eine „Zweckgebundenen Haushaltsabgabe“ für alle Medien umzuwandeln, wurde in der „Presse am Sonntag“ (17.5.) kritisch kommentiert. Platzmangel erlaubt keine nähere Darlegung des Inhalts dieser Idee: Ich versuch's trotzdem.

Die Bundesverfassung erklärt die Medien in Österreich für unabhängig. Tatsächlich sind sie politisch und wirtschaftlich im hohen Ausmaß von Entscheidungen der Parteien und Regierungen abhängig! Die Presseförderung (Unterstützung des Qualitätsjournalismus) etwa ist in den vergangenen 20 Jahren mehr als halbiert worden und dümpelt bei 8,2 Millionen Euro. Sie hängt am Tropf der jährlichen Budgeterstellung des Bundes und den damit verbundenen politischen Entscheidungen. Unsicherheit ist gegeben, planbar ist gar nichts.

Über die Höhe der ORF-Gebühren entscheidet zwar formal der Stiftungsrat. Aber dort sitzen 34 Personen, von denen 31 direkt oder indirekt von Parteien entsandt sind. Die wissen genau, dass eine noch so gerechtfertigte Valorisierung vor Landtags- oder Nationalratswahlen unerwünscht ist. Und: Ein Generaldirektor stellt in Zeiten seiner Wiederwahl sicher keinen Antrag.

Darüber hinaus ist die Dotierung der Medienfonds von der Höhe der Rundfunkgebühr abhängig – „Privatrundfunkfonds“, „Fernsehfonds Austria“ „Nichtkommerzieller Rundfunkfonds“ etc.: 30 Millionen Euro insgesamt.

Die Parteien heraushalten

Mein Modell einer „Zweckgebundenen Haushaltsabgabe“ (gibt es in Deutschland bereits) versucht das alles unter einen Hut zu bringen, gesetzlich zu fixieren und die Parteien erst gar nicht der Versuchung auszusetzen, politischen Druck ausüben zu wollen.

Diese „Zweckgebundene Haushaltsabgabe“ soll die jetzige Rundfunkgebühr ersetzen. Aus ihren Einnahmen sollen der ORF und die Fonds ebenso finanziert werden, wie die nach den Vorstellungen des Verbandes Österreichischer Zeitungen auf 35 Millionen Euro aufzustockende Presseförderung.

Diese Abgabe wäre wie folgt zu errechnen: derzeitige ORF-Einnahmen samt Valorisierung, plus erhöhter Presseförderung, plus die Mittel der Fonds – ergibt 100 Prozent. Diese prozentuellen Anteile einzelner Sparten sollen in einem Gesetz festgeschrieben werden, das nur mit Zweidrittelmehrheit abgeändert werden kann.

Langfristige Planbarkeit

Moderate Anpassungen an die gestiegenen Lebenshaltungskosten erfolgen in bestimmten Abständen. Soziale Befreiungen gelten weiterhin. Der dadurch entstehende Einnahmenausfall wird vom Staat ersetzt. Die Länderabgaben bleiben unberührt.

Natürlich muss auch ein solches Vorhaben politischer Wille sein und vom Parlament beschlossen werden. Aber eben nur einmal. Einmal fixiert, kann es nämlich nicht so leicht geändert werden. Die Finanzierung des ORF, die finanzielle Förderung von privaten Radio- und Fernsehstationen sowie des Printbereichs wären so langfristig und verlässlich planbar.

Die „Zweckgebundene Haushaltsabgabe“ entspräche der Höhe der jetzigen Rundfunkgebühren. 95 Prozent der Haushalte würden dasselbe zahlen wie bisher. Die Kosten für die Fahndung nach Schwarzsehern und -hörern würden wegfallen.

Der vor drei Jahren von der Regierung angekündigte Versuch einer „gewaltigen ORF-Reform“ mit einer deutlichen Verringerung des Parteieinflusses auf den Stiftungsrat ist bisher am Widerstand von Parteien und Ländern gescheitert. Vielleicht geht es bei der finanziellen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit leichter.

Kurt Bergmann war Generalsekretär und Landesintendant des ORF sowie Bundesgeschäftsführer und Nationalratsabgeordneter der ÖVP.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2015)

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