Die große Fäulnis im Inneren des Staates Fifa

Rennen um den Chefposten ist für die Sitten in der Fifa typisch: schmutzig.

Die Symbolik des Augenblicks war zum Greifen. Ausgerechnet im Elsinor-Theater in Aarhus traten zwei Kandidaten für die Fifa-Präsidentschaftswahl am 26. Februar 2016 erstmals vor die Öffentlichkeit: Jerome Champagne, der viele Jahre für die Fifa gearbeitet hatte, und David Nakhid, ein früherer Profi-Kicker aus Trinidad und Tobago.

Elsinor ist Hamlets Geburtsort, das dortige Theater wurde Ziegel für Ziegel abgebaut und in Aarhus wieder aufgebaut. Und dort, in der Aura des dänischen Prinzen, der über die Fäulnis im Staate Dänemark sinnierte, legten Champagne und Nakhid ihre Pläne dar, wie sie die verrottete Fifa reformieren würden, wären sie Präsident.

Der Abend war ein Höhepunkt der Konferenz Play The Game, in der rund 400 internationale Experten über Fifa, Wettbetrug und Bewegungsunlust diskutierten. In Hamlets Schatten schilderte Nakhid, wie er das kommerzielle Ungleichgewicht zwischen dem reichen europäischen Fußball und dem diesem Markt zuliefernden Rest der Welt, vor allem Afrika und Südamerika, ausgleichen würde. „Es ist ähnlich wie bei den Flüchtlingen“, sagte Nakhid, „alle wollen nach Europa.“

Champagne kritisierte, das (für die Wahl der WM-Veranstalter zuständige) Fifa-Exekutivkomitee funktioniere nicht richtig. „Hier entscheiden nicht die Mitglieder der Fifa, die Nationalverbände, sondern Abgesandte der Kontinentalverbände versteigern die Weltmeisterschaften an den Höchstbieter.“

Im Dunstkreis Sepp Blatters

Champagne arbeitete von 1998 bis 2010 in der Fifa, stets in enger Zusammenarbeit mit Präsident Josef Blatter. Der französische Ex-Diplomat kennt den Nahen Osten und berät derzeit unter anderem den palästinensischen Fußballverband. Er wäre zweifellos ein ungleich glaubwürdigerer Kandidat als der unsägliche Michel Platini, der in Blatters Dunstkreis groß wurde. Platini wurde ebenso wie Blatter wegen Korruptionsverdachts vom Fifa-Ethikkomitee für 90 Tage suspendiert. Er kann nicht wirklich erklären, wofür er von Blatter zwei Millionen Schweizer Franken erhalten hat. Dessen ungeachtet hält er sich für den „besten Kandidaten“, was freilich nur die Dringlichkeit, neues Führungspersonal für die Fifa zu finden, unterstreicht.

Da waren's nur noch sechs. . .

Insgesamt bewerben sich sieben Männer um das Fifa-Amt. Außer den Genannten noch Uefa-Generalsekretär Gianni Infantino, der noch 2013 die Notwendigkeit von Reformen geleugnet hat; Jordaniers Prinz Ali bin al-Hussein; Musa Bility aus Liberia, Tokyo Sexwale aus Südafrika und Scheich Salman bin Ibrahim Al Chalifa aus Bahrain, den Menschenrechtsgruppen beschuldigen, Misshandlungen von Demonstranten zu decken.

Hamlets Unglück hat Nakhid inzwischen eingeholt. Es stellte sich heraus, dass einer der fünf Nationalverbände, die ihn nominierten, auch für einen anderen Kandidaten unterschrieb. Damit wurde diese Erklärung ungültig und Nakhid schied aus dem Rennen. Denn ein Kandidat braucht mindestens fünf Unterstützungserklärungen von Fifa-Mitgliedern und Nakhid blieben nur mehr vier.

Wie es zu der Doppelsignatur kommen konnte? Nakhid ist überzeugt, dass das kein Zufall ist und dass im Endspurt um den Fifa-Job mit allen Mitteln gearbeitet wird. Der Diplomat Champagne hat übrigens acht Verbände hinter sich.

Und Blatter hat in einem Interview mit der russischen Nachrichtenagentur TASS mehr oder weniger zugegeben, dass die Zuschläge für die WM 2018 in Russland und 2022 in Katar abgesprochen waren.

Es ist tatsächlich viel faul im Staate Fifa.

Mag. Johann Skocek (*1953) ist Journalist und Buchautor. Er hat sich auf die Hintergrundberichterstattung im Dreieck Sport, Wirtschaft und Politik spezialisiert.


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("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2015)

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