„Ich weiß von nichts . . .“

Wie frühere Spitzenpolitiker und Banker den parlamentarischen U-Ausschuss zum Hypo-Desaster brüskieren.

Wenn man die diversen Auftritte der vorgeladenen prominenten Zeugen im Hypo-Untersuchungsausschuss verfolgte, musste man eigentlich zu dem Schluss kommen, dass hier das Parlament und somit die Demokratie „verarscht“ werden, um es einmal etwas volkstümlicher auszudrücken. Ein paar Beispiele gefällig?

Da haben wir etwa den Ex-OeNB-Chef Klaus Liebscher, der von wesentlichen Vorgängen bei der Prüfung der Bank nichts gewusst haben will, weil er nicht auf dem Verteiler war. Und das, obwohl es von hellhörigen Mitarbeitern der zweiten und dritten Ebene sehr wohl Hinweise auf grobe Defizite und Mängel gegeben hat.

Dann gab es einen sehr gut vorbereiteten Ex-Finanzminister, nämlich Karl-Heinz Grasser, der leider auf nicht ganz so gut vorbereitete Befrager stieß und deren Defizite aalglatt und eiskalt offenlegte. Bleiben wir bei den Ex...: Da gibt es den ehemalige Bundeskanzler („Für Sie immer noch Doktor“) Wolfgang Schüssel, der immer schweigsamer wird und abgesehen davon von „eh nichts gewusst hat“. Der andere ehemalige Kanzler, Alfred Gusenbauer, wusste auch nichts Genaues, kassierte aber für „belanglose Kamingespräche“ exorbitante Honorare.

Keine Auskunftserlaubnis

Dann haben wir einen durch eine andere Affäre (hat mit Kasachstan und seinem Geheimdienst zu tun) sattsam bekannten Rechtsanwalt, der erklärte, dass er auf eine spezifische Frage keine Auskunftserlaubnis seines Mandaten habe, da er mit der Frage nicht gerechnet habe. Ein besonders extremes Verhalten legte der Kärntner Politiker Harald Dobernig an den Tag, indem er deutlich zeigte, was er persönlich vom ganzen U-Ausschuss hält: nämlich nichts!

Da darf man schon gespannt sein, welches Verhalten weitere prominente Zeugen zeigen werden, also Bundeskanzler Werner Faymann, Ex-Finanzminister Josef Pröll oder der jetzige SPÖ-Klubchef, Andreas Schieder. Jede Wette, dass deren Beitrag zur Aufklärung ebenfalls gegen null gehen wird.

Resümee: In einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, einem wichtigen demokratischen Instrument zur Aufklärung von Verfehlungen, die auch in diesem Fall die Steuerzahler noch Milliarden kosten werden, treten Personen auf, die alle mit dem Hypo-Desaster zu tun hatten, die heute aber von nichts mehr wissen wollen – und das Befrager und Öffentlichkeit in arroganter Weise wissen lassen.

Was kann man dagegen tun? Vorschlag eines juristischen Laien: eine Beugehaft verhängen! Da diese aber nur von einem Richter verhängt werden kann, sollte ein solcher – am besten vom Oberlandesgericht oder vom Höchstgericht – als oberster Vorsitzender die Ausschüsse leiten und bei Antworten wie den oben angeführten bis zu sechs Monaten Beugehaft verhängen können; nach Möglichkeit mit „Inkasso“ der Zeugen vor Ort. Am besten wäre es also, das ganze Prozedere unter neuer Voraussetzung von vorn zu beginnen.

Sollte es im Zuge des Ausverkaufs der Bank Austria auch noch einmal zu einem U-Ausschuss kommen, kann man bereits Wetten abschließen, dass wir Antworten hören, die wir schon gut kennen: „Wusste von nichts . . .“, „War nicht involviert . . .“, „War nicht informiert . . .“ Blablabla.

Hans Csokor war von 1976 bis 2009 Geschäftsführer der Publimedia (Publicitas); seither International Media Consultant.
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E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2015)

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