Was Österreich fehlt: Exzellenzförderung

Österreich hat ein großes Potenzial junger Forscher. Aber wer wird einmal die Früchte ihrer Forschung ernten?

Die Quantenphysik ist eine der großen Erkenntnisse des 20. Jahrhunderts. Sie lehrt uns, wie wir über die mikroskopische Welt denken müssen. Die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung bieten heute auch Möglichkeiten für die Entwicklung neuer Technologien. Wir stehen gerade an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter. Denn das 21. Jahrhundert könnte zum Jahrhundert der Quantentechnologie werden.

Österreich gehört auf diesem Gebiet zu den Vordenkern. Sein Know-how ist führend, wenn es um Ideen, Konzepte und erste Umsetzungen geht. Im Labor von Rainer Blatt in Innsbruck steht ein zwar kleiner, aber funktionsfähiger Quantencomputer, der nach den paradoxen Regeln der Quantenphysik funktioniert und 0 und 1 gleichzeitig speichern und parallel verarbeiten kann.

Junge Forscher in Innsbruck haben vor Kurzem ein Patent über eine neue Architektur eines Quantencomputers eingereicht, für das es großes Interesse aus der Industrie gibt. In Wien werden in Quantenkryptografie-Labors 0 und 1 als Überlagerungszustand in Photonen kodiert. Andere Gruppen nutzen ultrakalte Quantengase als Quantensimulatoren und testen mit makroskopischen Systemen die Grenzen der Quantenphysik.

Wettlauf startet

Nun beginnen in den USA finanzkräftige IT-Firmen mit Millioneninvestitionen eigene Quantenlabors aufzubauen. England investiert gemeinsam mit der Industrie 320 Millionen Pfund an der Schnittstelle von Grundlagenforschung und Quantentechnologie. Microsoft und Intel stellen jeweils 50 Millionen für die Quantenphysik in den Niederlanden bereit.

Hier stellt sich die Frage: Wo bleibt Österreich? Werden die Früchte der erfolgreichen Grundlagenforschung auch hier geerntet? Oder in den USA? Oder in China? Kann Österreich hier mithalten? Es wäre eine wichtige politische Aufgabe, diese Firmen und ihren Unternehmergeist über die Zusammenarbeit mit den heimischen Universitäten oder die Ansiedlung von eigenen Forschungszentren auch nach Österreich zu holen.

Werben um kluge Köpfe

Wir haben in Österreich ein großes Potenzial exzellenter junger Forscherinnen und Forscher in der Quantenphysik. Aber wird Österreich in der Lage sein, diese Expertise zu halten? Forschung in den Naturwissenschaften ist ein globaler Wettbewerb der klugen Köpfe. Die Forschungspolitik eines Landes steht im Wettbewerb um diese Köpfe.

Unser zentrales Handicap in Österreich ist das Fehlen einer Exzellenzförderung im FWF und für Universitäten. Während in Deutschland, Frankreich und anderen Ländern solche Initiativen gestartet wurden, hat sich Österreich dagegen entschieden.

Geld mag ein Faktor dafür sein. Es ist aber auch dem fehlenden politischen Willen geschuldet, sich von der Gießkannenpolitik zu verabschieden, wo am Ende alle praktisch nichts bekommen. Wenn man schon nicht die Mittel für eine breite Exzellenzinitiative aufbringen mag, dann sollte man es zumindest auf kleiner Skala probieren.

Die Quantenphysik wäre ein idealer Kandidat für einen solchen Versuch. In diese Richtung geht auch der Vorschlag, der österreichischen Quantenphysik einen gemeinsamen Rahmen in der Form eines Erwin-Schrödinger-Zentrums zu geben. Ein Land, das nicht in der Lage ist, die Besten – und hier meine ich die junge Generation – zu fördern, wird diese durch Abwanderung verlieren. Was wir brauchen, ist eine Förderung der Exzellenz. Ob unter dem Titel Exzellenz oder einem anderen Schlagwort, ist dabei nicht die zentrale Frage.

Peter Zoller (* 1952) ist Professor für Physik an der Uni Innsbruck und wissenschaftlicher Direktor am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2015)

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