Verkehrspolitik: Die Weichenstellungen Werner Faymanns

Und die Steuerzahler werden noch größeren Rucksack schultern müssen . . .

Während Werner Faymann in den meisten Politikfeldern nicht eben durch Gestaltungswillen und Entschlossenheit auffällt, hat er sich als Verkehrsminister und als Bundeskanzler als williger, ja engagierter Vollstrecker der Wünsche der Baulobby gezeigt. Die Verkehrspolitik wurde so endgültig den Interessen der Bauindustrie untergeordnet.

Das Einmalige an Faymanns Politik ist, dass durch entsprechende Vorbelastungen und in die Zukunft reichende Beschlüsse der Staat und die Steuerzahler weit über das Ende seiner Ära hinaus an diese Politik finanziell gefesselt sein werden. Durch geschickte Weichenstellungen wurde der Spielraum für künftige Regierungen entscheidend eingeengt.

Um eine Neuorientierung der Verkehrspolitik möglichst hinauszuzögern, hat Faymann eine geschickte Personalpolitik hinsichtlich seiner Nachfolge im Verkehrsministerium betrieben: Er hat dieses Amt konsequent mit Personen besetzt, die schon in ihren vorherigen Funktionen wenig bis gar nicht geglänzt hatten. Damit war sichergestellt, dass sie auch im Verkehrsministerium die falsch gestellten Weichen nicht richtig stellen würden. Sowohl Doris Bures wie Alois Stöger haben sich aus Sicht Werner Faymanns und der Baulobby „bewährt“ – und „bewähren“ wird sich sicher auch Gerald Klug.

Eingespannte Medien

Für das System Faymann typisch ist sein Umgang mit den Medien: Schon zu Beginn seiner Amtszeit hat er es als wichtige Aufgabe gesehen, seinen politischen Mentor Hans Dichand – dessen „Kronen Zeitung“ den Tunnelprojekten zunächst kritisch gegenüberstand – für seine Ziele einzuspannen. Das gelang ihm auch. Der medial äußerst geschickt agierende ÖBB-Chef, Christian Kern, ist kongenialer Partner dieser Medienstrategie. Ihm gelingt es, die Medien von steigenden ÖBB-Gewinnen zu überzeugen, obwohl sich diese nur im einstelligen Prozentsatz der gewährten öffentlichen Zuschüsse bewegen.

Unbeantwortete Fragen

Nachdem solcherart sichergestellt ist, dass Ruhe im Land herrscht, fragt niemand mehr, wie ein mit mehr als sieben Milliarden Euro jährlich bezuschusster Eisenbahnkonzern dennoch nur rund 1,3 Milliarden Euro Marktumsatz (Schiene Inland) erzielen kann; fragt niemand mehr, wieso ein Konzern, dessen Transportleistung (Personen) zu weit über 90 Prozent im Nahverkehr liegt, dennoch überwiegend in Großprojekte für den Fernverkehr investiert.

Und wie will man im internationalen Transportgeschäft Marktanteile gewinnen („Verlagerung auf die Schiene“), obgleich der Anteil bahnaffiner Güter ebenso sinkt wie der Stellenwert der Bahn in den Partnerländern? Wie kann die Frage der hohen Folgekosten (Erhaltungsaufwendungen) der Investitionen unterdrückt werden, obgleich diese Diskussion – bei deutlich niedrigeren Investitionsniveaus – in anderen Ländern mittlerweile beachtliche Breite gewonnen hat? Und wieso ist trotz des gigantischen Investitions-/Konjunkturprogramms auf Pump die Arbeitslosigkeit heute in Österreich so hoch wie schon lange nicht mehr?

Diese Fragen werden heute nicht gestellt. Die Verkehrspolitik ist auf Schiene, das Geld rollt in die richtigen Taschen. Spannend wird es erst wieder, wenn in einigen Jahren das Fiasko der Verkehrspolitik offenbar wird: Dann werden die aufgeworfenen Fragen und viele weitere in Sonderkommissionen und Untersuchungsausschüssen behandelt werden. Wieder wird man sich – wie derzeit bei der Hypo – fragen, wie das denn alles so kommen konnte. Und die Steuerzahler werden einen noch größeren Rucksack schultern müssen . . .

Dkfm. Franz Fally, Sohn eines Eisenbahners, ist Unternehmer in Wien. Er befasst sich seit Jahrzehnten mit Fragen des Bahnausbaus.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2016)

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