Eine Wahl für das Petrusamt ginge anders aus

Was ein Konklave von der Präsidentschaftswahl unterscheidet.

Laut Meinungsumfragen gelten bei der Präsidentschaftswahl Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer als Favoriten. Sofern Irmgard Griss, Rudolf Hundstorfer oder Andreas Khol (Richard Lugner ist aus eigner Sicht kein ernst zu nehmender Kandidat) nicht ein furioses Wahlkampffinale gelingt, kommen der langjährige Grünen-Bundessprecher und der Dritte Nationalratspräsident aus dem FPÖ-Lager in die Stichwahl.

Das wäre eine Richtungswahl zwischen den am meisten exponierten Kandidaten: Van der Bellen hat angekündigt, er werde eine von FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache geführte Regierung nicht angeloben, Hofer hat ihn deshalb „faschistischen grünen Diktator“ genannt und seinerseits erklärt, er hätte die derzeitige Regierung längst entlassen.

Der Vergleich dieser Bundespräsidentenwahl mit einer Papstwahl sollte den letztendlich siegreichen Kandidaten vielleicht etwas demütiger machen. Denn bei einer Wahl im Konklave-Modus würden sowohl Van der Bellen als auch Hofer scheitern. Das läge nicht nur an den Rahmenbedingungen der Papstwahl, die andere als bei einer Volkswahl sind: Nur maximal 120 Männer haben das aktive und passive Wahlrecht, sie alle sind von bisherigen Inhabern des Petrusamtes ausgesucht. Es läge vor allem daran, dass alle Kandidaten im Rennen bleiben, bis eine qualifizierte Mehrheit erreicht ist.

Hinter verschlossenen Türen

Stellen wir uns einmal vor, 120 für das Volk wirklich repräsentative Personen sollten hinter verschlossenen Türen den Bundespräsidenten wählen. Im Konklave haben schon viele aussichtsreiche Kardinäle nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit erhalten. Genauso würde es Van der Bellen und Hofer gehen. Wenn sich ein Drittel der Wähler darauf einigt, dass es einen bestimmten Kandidaten sicher nicht wählt, erhält er das Amt nicht. Dass Joseph Ratzinger relativ rasch zu Papst Benedikt XVI. wurde, hatte er möglicherweise dem Umstand zu verdanken, dass sein Vorgänger durch eine Änderung der traditionellen Wahlordnung ein Abgehen von der Zwei-DrSittel-Regel nach einer bestimmten Anzahl von Wahlgängen erlaubt hatte.

Das Ausmaß der Ablehnung

Damit war klar: Hatte ein Kandidat einmal 50 Prozent der Stimmen für sich, so konnte seine endgültige Wahl höchstens verzögert, aber nicht mehr verhindert werden. Benedikt XVI. selbst hat dann die Zwei-Drittel-Regel wieder zwingend eingeführt.

Bei der Wahl des österreichischen Staatsoberhaupts im Konklave-Modus würde mit großer Wahrscheinlichkeit eine gegnerische Sperrminorität sowohl Van der Bellen als auch Hofer blockieren. Es ist sogar fraglich, ob einer von ihnen je 50 Prozent der Stimmen erreichen könnte. Bei einer Papstwahl würde man sich nach einigen erfolglosen Wahlgängen nach anderen Kandidaten umschauen. Die Kirche ist mit diesem Verfahren – lieber ein von einer großen Mehrheit getragener Kompromisskandidat als der exponierte Kandidat eines minimal stärkeren Kirchenflügels – im Laufe der Geschichte nicht schlecht gefahren.

Die Präsidentenwahl hat andere Gesetze, die Entscheidung fällt zwischen den beiden stimmenstärksten Kandidaten des ersten Wahlganges. Aber auch hier gilt, was für die Papstwahl gilt: Das Ausmaß der Ablehnung eines Kandidaten ist entscheidend. Falls Van der Bellen und Hofer nicht beide in die Stichwahl kommen, sondern nur einer von ihnen, hat mit großer Wahrscheinlichkeit sein Gegenkandidat oder seine Gegenkandidatin die besseren Karten.

Dr. Heiner Boberski ist freier Journalist und Buchautor in Wien. Er war früher Chefredakteur der „Furche“ und Ressortleiter der „Wiener Zeitung“.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2016)

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