Die Helden ihrer Zeit

Es ist der Name Heldenplatz, der die ganze Geschichte dieses Ortes symbolisiert, nicht nur dessen Sonnenseiten.

Ortsnamen haben eine starke symbolische Wirkung. Sie können auch die Identität eines Ortes definieren und entsprechen jeweils der dominanten politisch-kulturellen Strömung der Gesellschaft, die sie „erfindet“.

Wenn man davon ausgeht, dass die heutige österreichische nationale Idee, wie sie sich nach dem Zweiten Weltkrieg in Unterscheidung von der deutschen entwickelt hat, in erster Linie auf der eigenständigen Geschichte gründet, dann sind die „Helden“ dieses Reiches, deren Denkmäler auf diesem Platz stehen, Prinz Eugen und Erzherzog Karl, tatsächlich wichtige Bezugspunkte auch für unsere heutige Gesellschaft.

Der Name Heldenplatz weist eben gerade auf sie hin, auf die „Helden“ einer Zeit, in der Kriegshelden noch ohne Vorbehalt als solche bezeichnet wurden und vielleicht auch aus heutiger Sicht bezeichnet werden konnten. Dass spätere Ereignisse auf diesem Platz dessen Namen als ambivalent erscheinen lassen, ist wahr. Soll man aber dem Muster radikaler politischer Umbrüche (nach den beiden Weltkriegen) und diktatorischer Regime (Nationalsozialismus, Kommunismus) folgen und jeden Gedenknamen austauschen, der nach aktueller Geschichtsinterpretation nicht völlig einwandfrei ist?

Zusatztafel als bessere Lösung

Die Historikerkommission, die sich mit problematischen Fällen von Straßen- und Platznamen in Wien auseinandergesetzt hat, ist ja eben zum Schluss gekommen, dass in solchen Fällen nicht dies, sondern eine erläuternde Zusatztafel die bessere Lösung sei, die auch auf Schattenseiten der erinnerten Person/des erinnerten Ereignisses/Ortes hinweist. Denn es ist ja vielleicht doch angemessen, sich zur eigenen Geschichte mit all ihren Facetten, eben auch mit ihren dunklen Seiten, zu bekennen und den Heldenplatz unter anderem auch jenen Platz sein zu lassen, auf dem viele Hitler zugejubelt haben: Ja, es ist derselbe Platz, an dem auch das geschehen konnte, die österreichische Geschichte umfasst das eine wie auch das andere – und wir wollen die Erinnerung daran nicht durch einen neuen Namen tilgen!

Zudem ist es erwiesen, dass sich nach Namensänderungen lange Zeit auch noch der frühere Name hält, dass also zwei Namen parallel verwendet werden. Das gilt besonders für gut eingeführte und weithin bekannte Namen wie Heldenplatz. Der alte Name wird zumeist nach wie vor von Älteren und Einheimischen gebraucht, während Jüngere und Auswärtige, die einen Namen nur von Schildern oder Karten kennen, den neuen Namen verwenden. Wenn eine Namensänderung nicht im gesellschaftlichen Konsens erfolgt, spaltet die Namensänderung außerdem noch die Gesellschaft in solche, die den alten Namen weiterverwenden, und in die Anhänger der Namensänderung. Jedenfalls entsteht Verwirrung, worunter die – sogar primäre – Funktion eines Ortsnamens, die eines Orientierungsmittels, leidet.

HR Prof. h.c. Univ.-Doz. Dr. Peter Jordan (* 1949) ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Kartographische Ortsnamenkunde und Vertreter Österreichs in der Expertengruppe der Vereinten Nationen für Geographische Namen.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2017)

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