Gastkommentar

Schwangere Frauen, Hebammen und das Betreuungsgeld

Eine Diskriminierung schwangerer Frauen, die beendet gehört.

Entscheidet sich eine schwangere Frau für die Betreuung durch eine Hebamme, so trifft sie eine persönliche Entscheidung, die ihr zusteht. Allerdings verliert sie dadurch einen Großteil der finanziellen Unterstützung durch den Staat.

Kompetente Fachausbildung

Jede Frau ist erleichtert, wenn die ersten ärztlichen Untersuchungen eine normale und komplikationsfreie Schwangerschaft versprechen. Viele setzen daraufhin für die weitere Betreuung ihr Vertrauen in eine Hebamme, die nicht nur alle weiteren Untersuchungen durchführen kann, sondern auch bei der gesundheitlichen Aufklärung, der Familienplanung und der Geburtsvorbereitung und Nachsorge ihre Unterstützung anbietet.

Immerhin, die Ausbildung österreichischer Hebammen besteht aus einem dreijährigen Fachhochschulstudium. Neben der Entwicklung diagnostischer Kompetenzen steht in dieser Ausbildung insbesondere die mentale Unterstützung der schwangeren Frau im Mittelpunkt.

Der Internationale Ethik-Kodex für Hebammen beschreibt dies wie folgt: „Hebammen arbeiten mit Frauen und unterstützen deren Recht, sich aktiv an Entscheidungen betreffend ihrer Betreuung zu beteiligen. Sie bestärken die Frauen (...) für sich selbst zu sprechen.“

Wertvolle Unterstützung

Das macht die Arbeit der Hebammen nicht nur zu einem unabdingbaren Teil unseres Gesundheitswesens, sondern auch zu einer wertvollen mentalen Unterstützung für schwangere Frauen. Es kann für viele Frauen also sehr sinnvoll sein, sich für die weitere Schwangerschaftsbegleitung an eine Hebamme zu wenden.

Doch genau diese Entscheidungsfreiheit der Frau ist es, die durch die bisherig Gesetzeslage massiv einschränkt wurde und wird. Entscheidet sich eine Frau für die Betreuung durch eine Hebamme, so verliert sie einen Großteil der finanziellen Unterstützung.

Wird auch nur eine der fünf im Mutter-Kind-Pass vorgeschriebenen Untersuchungen nicht von einem Arzt, sondern von einer Hebamme durchgeführt, so reduziert sich für beide werdenden Elternteile der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld ab dem 21. Lebensmonat des Kindes um 1300 Euro oder um die Hälfte des Anspruchs.

Das ist eine klare Diskriminierung all jener Frauen, die sich ganz bewusst für die Inanspruchnahme einer Hebamme entscheiden haben.

Kostengünstigere Betreuung

Immerhin gab es Ende Juni zuletzt im Gesundheitsausschuss des Nationalrats einen von den Grünen eingebrachten Antrag, der die finanzielle Gleichstellung von Frauen mit Hebammenbetreuung beim Kinderbetreuungsgeld forderte. Ein wichtiger Vorstoß, dem sich auch alle anderen Parteien anschließen sollten, denen das Los der Schwangeren und ihre freie Entscheidungsmöglichkeit ein politisches Anliegen ist.

Die finanzielle Schlechterstellung all jener Frauen, die sich für eine Hebamme entscheiden, sollte tatsächlich endlich ein Ende haben. Es bleibt zu hoffen, dass die Parteien dem Thema die nötige Aufmerksamkeit widmen und schwangeren Frauen in Zukunft eine Wahlmöglichkeit hinsichtlich ihrer Betreuung zugesprochen wird, ohne dass dabei die finanzielle Absicherung einer Familie als Druckmittel benutz wird.

Ganz unabhängig davon, dass die Betreuung durch eine Hebamme auch kostengünstiger für das Gesundheitssystem wäre.

Marie Hesse, 27, ist Autorin und Kolumnistin. Sie studierte an der Universität Wien und der University of Edinburgh. Einige Essays und Kurzgeschichten sind auf www.mariehesse.com frei zugänglich.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2017)

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