7000 Euro für eine Eizelle?

Ministerin Heinisch-Hosek will die Eizellenspende legalisieren. Lässt sie sich damit von der Biotech-Lobby vereinnahmen?

Bei einer Konferenz zum Thema „Bioethik und Frauen“ hat SP-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek kürzlich angekündigt, sie werde mit dem Gesundheitsminister verhandeln, um Eizellenspenden von Frauen in Österreich gesetzlich zu ermöglichen. Sie bezog sich dabei auf ein im April 2010 gefälltes entsprechendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, das Österreich in dieser Hinsicht als „zu restriktiv“ kritisiert hat. Das Argument der Ministerin: „Wir brauchen [...] eine Regelung, die [...] das Recht von Frauen achtet, über ihren Körper selbst entscheiden zu können.“

Ein Blick über den Zaun des österreichischen Schrebergartens zeigt, welche Blüten solch eine Haltung treibt: Eine britische Kinderwunschklinik verloste im März 2010 Eizellen an Seminarteilnehmerinnen. Ein Anstrich von Ethik sollte auch offenbar dort gewahrt bleiben: Gewerblich dürfen menschliche Eizellen in Großbritannien nämlich nicht verkauft werden, aber um das Geschäft anzukurbeln, „verlost“ die Klinik nun eine menschliche Eizelle nach Wunsch.

Unter allen Teilnehmerinnen an einem Seminar über Eizellenspenden und künstliche Befruchtungen in den USA werde eine Gewinnerin ermittelt, hieß es auf der Website der Londoner Kinderwunschklinik. Die glückliche Gewinnerin bekomme kostenfrei in den USA eine Eizelle eingesetzt, wobei sie selbst über Hautfarbe, soziales Milieu und Intelligenz der Spenderin entscheiden könne. Die Partnerklinik im US-Bundesstaat Virginia versprach unter anderem, dass unter ihren Spendern keine Raucherinnen und keine Dicken seien. Der Gewinn sei umgerechnet gut 14.000Euro wert, sagte ein Kliniksprecher.

In den USA dürfen Frauen ihre Eizellen verkaufen, was bei „guter Herkunft“ um die 10.000Dollar (7300Euro) einbringen kann.

Eizellenspenden als „Entscheidung über den eigenen Körper“? Das Verkaufen oder Verlosen der eigenen Eizellen als ultimativer Akt weiblicher Selbstbestimmung? Eine äußerst interessante These. Bedeutet das Spenden von Eizellen doch nichts anderes, als dass junge Frauen extrem hohe Hormondosen zu sich nehmen müssen, durch die in ihren Eierstöcken mehrere Eizellen gleichzeitig heranreifen. Diese werden anschließend in einem unangenehmen Eingriff entnommen, während der „Spenderin“ in den meisten Fällen zumindest eine Aufwandsentschädigung bezahlt wird. Diese im Körper der Frau überzählig produzierten Eizellen werden in Befruchtungskliniken weiterverwendet, werden als Rohstoff weitergegeben für künstliche Befruchtungen bei Frauen, deren eigene Eizellen nicht „verwendbar“ sind, in manchen Ländern auch an Frauen jenseits der Menopause.

Eines ist vollkommen klar: Es handelt sich bei der Eizellenspende medizinisch gesehen um einen schwerwiegenden Eingriff, der die Gesundheit, die Fruchtbarkeit und in seltenen Fällen auch das Leben der betroffenen Frauen gefährden kann. Die Frage nach dem mit einer Eizellenspende verbundenen Gesundheitsrisiko wird schon heute heruntergespielt. Fertilitätskliniken weigern sich vorsorglich, für eventuelle Folgekosten wegen gesundheitlicher Probleme aufzukommen, und sichern lediglich Notfallhilfe zu, die von der Spenderin berappt werden muss.

Meist finanzielle Not als Beweggrund

Der Grund, warum diese Frauen es trotzdem machen? Vielleicht die Erfüllung des verzweifelten Kinderwunsches eines unfruchtbaren Paares, das sie persönlich kennen. Meistens sind es aber finanzielle Notwendigkeiten und Abhängigkeiten, die vom alltäglichen Überleben bis etwa zur Finanzierung des Studiums reichen. Ist das etwa die „Selbstbestimmung der Frau“, wie es sich die Frau Minister vorstellt? Es muss Aufgabe des Gesetzgebers sein, Betreffende in diesem Fall vor sich selbst zu schützen.

Geradezu naiv reagieren die Ministerin und auch das Urteil des EGMR auf die Tendenz des weltweit steigenden Eizellenhandels und die damit verbundene Degradierung des Körpers der Frau als bloße Rohstofflieferantin. Offenbar sind solche Folgen auch bei einer an strenge Voraussetzungen gebundenen Erlaubnis der Eizellenspende nicht zu vermeiden. Gerade diesen Entwicklungen wollte der österreichische Gesetzgeber mit dem Verbot der Eizellenspende seinerzeit einen Riegel vorschieben. Wie die Erfahrung in Ländern ohne ein solches Verbot zeigt, eine wahrhaft weise Entscheidung. Österreich sollte diese Regelung daher auch vor dem EGMR weiterhin mit aller Kraft verteidigen.

Selbstbestimmung hat immer etwas mit der Freiheit von Zwängen zu tun. Daher kann es echte Selbstbestimmung auch nur dort geben, wo sich jemand nicht aus finanziellen, sozialen oder sonstigen Gründen gezwungen sieht, etwas zu tun.

Gar nicht selbstbestimmt

Wenn daher behauptet wird, dass eine Frau „selbstbestimmt“ handelt, die sich aufgrund finanzieller oder sonstiger Zwänge zu einem Schritt entschließt, der ihre Gesundheit direkt bedroht, kann das höchstens als Zynismus gelten. Eine Politik, der die Würde und die Interessen des Menschen tatsächlich etwas bedeuten, lässt sich nicht mit derartigen Sprüchen von der Biotechnologie-Lobby vereinnahmen. Vielmehr versucht sie, hilfsbedürftigen Frauen Unterstützung zu geben, damit sie es nicht mehr notwendig haben, ihren Körper zu verkaufen (was über kurz oder lang trotz anfänglich noch so strenger Gesetze hinsichtlich der Freigabe der Eizellenspende der Fall ist). Dann können sie nämlich wirklich selbstbestimmt leben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2010)

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