Gerade in Zeiten der Krisen: Macht Urlaub in Griechenland!

Durch die übertriebene Krisenberichterstattung wird das ohnehin schon geschwächte Land nur noch mehr entkräftet.

Wirft man einen Blick in die Zeitungen der letzten Wochen, scheint das Bild Griechenlands völlig entrückt. Zu Beginn der touristischen Hauptsaison ist mehr die Rede von Krise, Pleite und Streik als von Urlaub.

Zurück von einer Griechenland-Reise: Hätten nicht die Zuhausegebliebenen anhand von Zeitungsinformationen über die „Pleite-Griechen“ informiert, hätte ich mich vor Ort höchstens über die hohen Spritpreise gewundert. Durchaus faszinierend, dass man scheinbar mittendrin statt nur dabei ist, von einer Krise jedoch nichts bemerkt. Aber Griechenland ist wohl weitaus größer als die wenigen Zentren, in denen es zeitweise zu Streiks oder Demonstrationen kommt.

Die alles überschattende Krise

Probleme hatte ich, wie wahrscheinlich der Großteil der Reisenden, keine. Das Flugzeug hat mich planmäßig an mein Ziel und zurück gebracht, auch die Fähre ist verlässlich übers Wasser geglitten. Taxis, Mietautos, Busse, Unterkünfte und Tavernen haben sich ebenfalls von ihrer besten Seite gezeigt. Ich habe an verschiedenen herrlichen Stränden gebadet und Bergdörfer besucht, habe sehr nette Menschen kennengelernt.

Eigentlich alles wunderbar, würde man meinen. Wäre da nicht noch diese Krise, die in der medialen Berichterstattung alles überschattet und sich in den Köpfen der Leserschaft festsetzt. Der touristische Blick vernachlässigt politische Themen und konzentriert sich eher auf Entspannung und Erholung. Es ist daher durchaus wichtig, Informationen zu erhalten, die darüber hinausgehen – eine Flut an negativen Schlagzeilen übersteigt jedoch das Maß.

Ängste über dahinschwindendes Steuergeld machen sich in der österreichischen Bevölkerung breit. Liest man sich durch die Forenbeiträge diverser Onlinemedien, könnte man meinen, alle Griechen seien korrupt und Investitionen keinen Cent mehr wert. Sie werden als faules Pack oder betrügerisches Volk beschimpft.

Diese aufkeimende Abneigung wirkt sich auf einen der wichtigsten Wirtschaftszweige Griechenlands aus. Untypisch wenige Touristen wären für Juni in der Region, berichtete ein Tavernenbesitzer und führte dies auf die Krise zurück. Er habe weit weniger Besucher und die Reisenden seien skeptisch geworden.

Die Rolle der Medien

Schade, wenn man bedenkt, dass Griechenland finanzielle Hilfe benötigt, dem Land aber zeitgleich Budgetkürzungen bevorstehen. Tourismuseinkünfte machen immerhin 15 Prozent (vgl. CIA Factbook) des griechischen BIPs aus. Ein ohnehin geschwächtes Land wird durch die übertriebene mediale Darstellung der Krise noch mehr entkräftet.

Kann das das Ziel sein? Die Wahl einer Urlaubsdestination wird nicht von ungefähr getroffen. Vielmehr wird sie von Informationen und Eindrücken beeinflusst, die wir aus den Medien erhalten. Tageszeitungen vermitteln hierbei das aktuellste Bild. Gerade deshalb spielen sie für Kurzentschlossene eine wichtige Rolle. Schnell kann sich der Reisewunsch verflüchtigen, wenn die negativen Schlagzeilen überwiegen.

Es gibt keine Reisewarnungen!

Touristisch gesehen hat Griechenland jedoch nichts an Attraktivität verloren. Auch die Sicherheit der Reisenden ist gewahrt, es wurden keine Reisewarnungen bekannt gegeben.

Und wenn das Land schon Unterstützung braucht, kann man diese doch mit etwas Schönem verbinden: Mit einem Urlaub zum Beispiel!

Mag.a Susanna Reiskopf ist Kultur- und Sozialanthropologin und Mitglied der Initiative Teilnehmende Medienbeobachtung (www.univie.ac.at/tmb/)


E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2011)

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