Der Krieg gegen Terrorismus ist noch lange nicht beendet

Ein früherer Vizedirektor des CIA schreibt, dass sich für islamistische Netzwerke gerade neue Chancen auftun.

Während Europäer und Amerikaner derzeit gebannt auf das Geschehen in Osteuropa starren, nehmen die Dinge in anderen Weltregionen ihren Lauf. In der islamischen Welt gibt es derzeit augenscheinlich keinen Trend hin zum Bessern. Im Gegenteil: Im Krisenbogen zwischen Algerien und Pakistan gibt es viele Anzeichen für eine Verschlechterung der Lage. Ägypten und Libyen sind alles andere als befriedet und stabilisiert; der syrische Bürgerkrieg wirkt wie ein Infektionsherd für den Nahen Osten; Afghanistan kann nach dem Abzug der westlichen Schutztruppe ISAF von heute auf morgen wieder zum gescheiterten Staat werden, der Interventionsgelüste naher und ferner Nachbarn weckt. Südlich der Sahara, zwischen Somalia und Nordnigeria, sorgen Übergriffe islamischer Extremisten immer wieder für Schlagzeilen; Südsudan und die Zentralasiatische Republik versinken bereits im Chaos.

Schlecht für den Weltfrieden, aber gut für islamische Terror-Netzwerke. Der frühere Vizedirektor des US-Geheimdienstes CIA, John McLaughlin, ein intellektueller Analytiker der Sonderklasse (ja, im US-Geheimdienst gab und gibt es solche Mitarbeiter) fragt in einem Beitrag für das jüngste Heft des Magazins „The American Interest“ bereits: „Verlieren wir den neuen Krieg gegen den Terror?“ Er weist auf mehrere neue Trends in der islamistischen Terroristenszene hin, die westlichen Sicherheitsbehörden ihre Arbeit enorm erschweren könnten. Der erste Trend wurde eingangs erwähnt: Das wachsende Chaos in der islamischen Welt erweitert das Rekrutierungs- und Operationsgebiet Terror-bereiter Islamisten-Netzwerke.

Die Schwächung von Staaten durch innere Zerrissenheit (Ägypten, Syrien, Irak, Libyen, Jemen, Pakistan, Afghanistan) schafft immer mehr und und immer größere Schutz- und Ausbildungsräume für die Jihadisten. Durchlässige Grenzen, alte historische Schmugglerrouten, ein mickriges Sicherheitsumfeld, massenhaft arbeitslose junge Leute, die mit dem „Heiligen Krieg“ sympathisieren – all diese Faktoren kommen Terror-Netzwerken zugute.

Laut McLaughlin ist innerhalb dieser Netzwerke eine intensive Debatte über die zukünftige Strategie im Gange, sie wollten Lehren aus jüngsten Niederlagen ziehen. Auch sähen sie ein, dass der brutale Umgang mit der Bevölkerung in von ihnen kontrollierten Gebieten ihrer Bewegung keine Sympathien einbrächte. „Al-Qaida mag geschwächt sein“, schreibt McLaughlin, „aber die Wunden, die dem Netzwerk zugefügt wurden, waren keineswegs tödlich [...] Die meisten Amerikaner glauben, wir hätten den Krieg gegen den Terrorismus gewonnen. Haben wir aber nicht. Und wenn wir nicht höllisch aufpassen, könnten wir ihn sogar noch verlieren.“

Hingewiesen sei noch auf ein neues Produkt auf dem österreichischen Zeitschriftenmarkt: „militär aktuell“ nennt es sich. Viele Themen, reich an Bildern, aber auch ein etwas unruhiges Layout. Auch etliche der in Österreich nicht reich gesäten Experten, die sich ernsthaft mit Sicherheitsfragen befassen, arbeiten mit. Der Luftwaffenexperte Georg Mader etwa beschreibt das gefährliche Spiel mit dem Feuer, das sich Japan und China gerade um wenige unbewohnte Eilande liefern; Nahostspezialistin Karin Kneissl erläutert jüngste Entwicklungen im syrischen Bürgerkrieg; Afrika-Kenner Gerald Hainzl analysiert den blutigen Konflikt in der Zentralafrikanischen Republik. Und zahlreiche Beiträge über und aus dem Österreichischen Bundesheer. Toi, toi, toi! Allein das Wagnis, eine auf Militärfragen spezialisierte neue Publikation auf dem kleinen österreichischen Medienmarkt zu platzieren, verdient Anerkennung.

Emails an: burkhard.bischof@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2014)

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