Der strenge Geruch rund um die Fifa, das IOC und ihre Chefs

Geht es bei Vergaben der Fußball-WM an Russland und Katar um die größten Korruptionsfälle der Sportgeschichte?

Wahrscheinlich gibt es im globalen öffentlichen Empfinden keine anderen weltweit tätigen Institutionen, die so mit Geldgier, Prinzipienlosigkeit und Bestechlichkeit in Verbindung gebracht werden wie der Weltfußballverband Fifa und das Internationale Olympische Komitee (IOC). Auch deren Präsidenten Joseph Blatter und Thomas Bach würden wohl niemals einen Sauberkeitswettbewerb gewinnen, zu streng riecht es in ihrem Umfeld. Die Fifa ist dabei vor allem wegen ihrer 2010 erfolgten Doppelvergabe der Fußball-WM 2018 an Russland und 2022 an Katar ins Schussfeld der Kritik geraten. Das Berliner Monatsmagazin „Cicero“ macht sein Oktoberheft deshalb mit dem Titel auf: „Rote Karte! Keine Fußballweltmeisterschaften für Russland und Katar“.

„Bei diesen WM-Vergaben“, schreibt da der Sportpolitikexperte Jens Weinreich, „könnte es sich um die größten Korruptionsfälle der Sportgeschichte handeln. Angeblich sollen die Stimmen mancher Fifa-Exekutivmitglieder 30 bis 35 Millionen gekostet haben.“ Zwar hat die Fifa mit dem US-Staatsanwalt Michael Garcia einen Ermittler eingesetzt, und der Münchner Strafrichter Hans-Joachim Eckert steht an der Spitze einer hausinternen Ethikkommission, die Licht in die Vergabevorgänge bringen soll. Aber: „Da recherchieren ja keine Polizeibehörden auf rechtsstaatlicher Grundlage, sondern nur ein von der Fifa-Führung unter dubiosen Umständen für viele Millionen angeheuerter Amerikaner mit seinen Leuten. [...] Rechtsstaatlichkeit gibt es im Reich der Sportkonzerne ja ohnehin nicht. Die Fifa und das IOC sind globale Parallelgesellschaften mit eigener Jurisdiktion, die sich öffentlicher Kontrolle entziehen.“

„Cicero“ lässt dann elf Fußballexperten zu den beiden WM-Schauplätzen 2018 und 2022 zu Wort kommen, unter ihnen den VFL-Bochum-Trainer Peter Neururer: „Alles, was ich mit der WM in Katar in Verbindung bringen kann, hat bisher nicht viel mit Sport zu tun. Da stehen rein wirtschaftliche Interessen im Vordergrund. Der Fußball darf sich an so einem Foulspiel nicht beteiligen. Doch leider scheint der Schwachmatismus bei den Entscheidungsträgern im Weltfußball überhandzunehmen. Auch in Bezug auf die WM 2018 in Russland gibt es klaren Handlungsbedarf. Sanktionen auszusprechen reicht nicht aus. Wir müssen deutliche Zeichen setzen, indem man beispielsweise über alternative Spielorte nachdenkt.“

Die von Gerfried Sperl geleitete Zeitschrift „Phoenix“ geht in Heft 3/2014 der Frage nach, ob heutige Studenten „mehr fad als rebellisch“ seien. Dozentin Christiane Florin vom Institut für Politische Wissenschaft der Universität Bonn jedenfalls vermisst Motivation und Diskursfreude bei vielen ihrer Studenten, umso stärker ausgeprägt seien das Festklammern an Vorschriften, Fehlervermeidungsstrategien und die Ich-Verliebtheit. „Für das Studium bedeute diese: „Der Originaltext einer Geistesgröße muss sich permanent danach befragen lassen, wie er sich anfühlt. Er muss sich dafür rechtfertigen, dass er beim Ich schlechte Gefühle auslösen kann: Langeweile, Unverständnis, Irritation, Mühe [...]. Originaltexte stehen im Verdacht, Originalitätsbremsen für die Genies von heute zu sein.“

Florin bekennt aber auch selbstkritisch, dass die Universitäten und ihre Lehrer sich schlecht auf den Lebensstilwandel der Studenten vorbereitet hätten: „Was unsere Kunden vom großen Ganzen denken, gibt uns Rätsel auf.“ Ratlosigkeit aber führt oft zu Unsicherheit: „Welche Universität traut sich heute schon, selbstbewusst damit zu werben, dass in ihren Räumen vor allem gelesen, experimentiert und argumentiert werden muss?“

Emails an: burkhard.bischof@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2014)

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