US-Militär: Hyperteuer, entfremdet und in den falschen Kriegen

Seit 13 Jahren stehen US-Soldaten schon im Kriegseinsatz. In der neuen Art von Kriegen gab es nur Niederlagen.

Die Vereinigten Staaten werden allein in diesem Jahr über eine Billion (1.000.000.000.000) Dollar für ihre nationale Sicherheit ausgeben. Das ist vergleichsweise ein um 50 Prozent höheres Militärbudget als pro Jahr während der Zeit des Kalten Krieges oder während des Vietnam-Krieges. Damit wenden die USA heuer so viel Geld für Verteidigungszwecke auf wie die Ausgaben der nächsten zehn starken Militärmächte zusammengenommen ausmachen: drei bis fünf Mal soviel wie die Volksrepublik China, sieben bis neun Mal so viel wie Russland.

Inzwischen sind die Militärinterventionen in Afghanistan, Irak und jetzt auch in Syrien zum längsten Kriegseinsatz der amerikanischen Geschichte ausgewachsen. Doch in diesen 13 Jahren Kampfeinsatz hat das US-Militär so gut wie keines seiner strategischen Ziele erreicht – die Lage im Irak hat sich vielmehr verschlechtert, und so wird es wohl auch in Afghanistan nach dem Abzug der Amerikaner und ihrer Verbündeten sein. „In diesen 13 Jahren hat es nur einen einzigen eindeutigen strategischen Erfolg gegeben: den Angriff, bei dem Osama bin Laden getötet wurde“, schreibt James Fallows im Februarheft des US-Magazins „Atlantic“. In einem Essay untersucht er die „Tragödie des amerikanischen Militärs“, das seit 1983 bei der neuen Art von Kriegen (gegen Aufständische, Terroristen, nichtstaatliche Kriegsakteure) vier Niederlagen habe einstecken müssen: im Libanon, in Somalia, im Irak und in Afghanistan.

Aber warum, zumal amerikanische Soldaten so gut trainiert und bewaffnet sind wie sonst wohl keine anderen Militärs der Welt? Fallows meint, dass zum einen die US-Militärführung zu wenig Bereitschaft gezeigt habe, aus Fehlern der jüngsten Niederlagen die richtigen Lehren zu ziehen. Vor allem aber sieht er, wie auch der frühere US-Generalstabschef Admiral Mike Mullen, „dass sich eine wachsende Kluft zwischen der Bevölkerung und ihrem Militär auftut“. Diese Distanz, schreibt Fallows, „macht das Land zu bereitwillig, in Kriege zu ziehen, und zu abgestumpft gegenüber dem mannigfachen Schaden, den Kriege verursachen“. Zwar wende die Nation enorme Kosten, finanzielle (bei Weitem nicht immer gut verwendet) und menschliche auf, um die mächtigste Streitmacht der Welt zu unterstützen. „Aber da nur ein Splitter der Bevölkerung direkt mit den Konsequenzen militärischer Aktionen konfrontiert ist, funktionieren auch normale demokratische Feedbacks nicht.“

Wie aus diesem ganzen Dilemma eines hyperteuren, von der Gesellschaft entfremdeten, die falschen Kriege führenden Militärs wieder herauskommen? Präsident Barack Obama setzte im Frühling 2011 eine Arbeitsgruppe mit dem erfahrenen Verteidigungspolitiker Gary Hart ander Spitze ein (auch James Fallows gehörte ihr an), die Vorschläge für eine Militärreform machen sollte. Sie legte ihre Vorschläge auch vor: Erstens solle der Präsident eine Kommission einsetzen, um die Lehren aus fehlgeschlagenen Militärinterventionen der jüngeren Vergangenheit zu ziehen. Zweitens müsse der Entscheidungsprozess für den Einsatz militärischer Gewalt genau festgelegt werden. Drittens müssten die zivil-militärischen Beziehungen wieder hergestellt werden (eine der Ideen, die im „Atlantic“-Heft vom Autor Joseph Epstein ventiliert wird, ist die Wiedereinführung der 1973 abgeschafften Wehrpflicht).

Gary Harts Arbeitsgruppe gab ihre Vorschläge im Weißen Haus ab – und hörte nie wieder etwas. „Barack Obama, schwer beschäftigt an vielen anderen Fronten, hatte für diese Sache keine Zeit...“

E-Mails an: burkhard.bischof@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2015)

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