Donald Trump als Fluch und Segen für Chinas KP-Führung

Die forschen Ansagen der neuen US-Führung an Peking klingen inzwischen milder. Beide Länder brauchen einander.

Natürlich war das gar starker Tobak für die kommunistischen Führer Chinas: Erst kritisierte der designierte US-Präsident Donald Trump unredliche chinesische Handelspraktiken und stellte Strafzölle für Produkte „Made in China“ in Aussicht. Als nächstes signalisierte er, dass für ihn die Ein-China-Politik kein unerschütterliches außenpolitisches Dogma sei. Dann nahm er zum großen Ärger der Machthaber in Peking einen Gratulationsanruf der taiwanesischen Präsidentin Tsai Ing Wen entgegen. Denn: „Telefonieren mit Taipeh – das geht gar nicht!“ Und schließlich forderte der als Außenminister nominierte Rex Tillerson die Chinesen bei seiner Senatsanhörung Mitte Jänner forsch auf, ihre militärischen Bauprojekte im Südchinesischen Meer zu stoppen und den Zugang zu den dortigen Inseln freizugeben.

War das als der berühmte Fehdehandschuh zu deuten, den die neue US-Regierung der Volksrepublik da hingeworfen hatte?

Experten sind sich sicher: Ein Handelskrieg zwischen den USA und China, den beiden stärksten Wirtschaftsmächten der Gegenwart, hätte verheerende Folgen für die beiden Länder im besonderen und für die Weltwirtschaft im allgemeinen. Was aber, wenn ein Konflikt zwischen den beiden Riesen militärisch ausgetragen würde? Der Doyen der US-Diplomatie, Henry Kissinger, der vom Magazin „Atlantic“ dazu befragt wurde, antwortete: „Angesichts der Technologien, über die die beiden Länder verfügen, hätte ein militärischer Konflikt katastrophale Folgen. Er würde die Welt in zwei Teile aufspalten. Er würde in Zerstörung, aber nicht notwendigerweise in einem Sieg enden, der sich nur schwer definieren ließe. Sogar, wenn ein Sieg sich definieren ließe – was angesichts äußerster Zerstörung könnte ein Sieger dem Verlierer abverlangen?“ Ist das denn auch den jetzigen Machern im Weißen Haus bewusst?

Inzwischen hat Trump bereits etwas zurückgesteckt, bekennt sich nun ebenfalls zur traditionellen Ein-China-Politik. Und ob er sich wirklich in einen Handelskrieg mit den Chinesen durch Verhängung von Strafzöllen hineinwagt, ist auch eher ungewiss. Die Rhetorik hinsichtlich des Südchinesischen Meeres ist inzwischen wieder „diplomatischer“ geworden. Denn beide Länder wissen: Sie brauchen einander auf mannigfache Weise.

China ist dabei im Moment gar nicht so gut unterwegs, wie ebenfalls im Atlantic-Magazin in einer Analyse über „Chinas Großen Sprung zurück“ aufgezeigt wird. Die ohnedies schon engen Freiheitsräume der Bürger werden noch mehr eingeschränkt, Chinas militärisches Säbelrasseln verschreckt die Nachbarn, das Wirtschaftswachstum hat sich verlangsamt und die Antikorruptionskampagne von Staats- und Parteichef Xi Jinping kommt zwar in der Bevölkerung gut an, macht aber den gesamten Partei- und Staatsapparat übervorsichtig und entscheidungsträge.

Donald Trump mit seiner Politik „America first“ sorgt in dieser Situation zwar für Verunsicherung, aber durch sie tun sich für Peking auch Chancen auf, wie das US-Magazin „Newsweek“ schreibt. Dass Trump etwa mit Menschenrechten nicht viel am Hut hat, wird von den KP-Granden mit Erleichterung zur Kenntnis genommen. Und wenn die ganze Welt gleichermaßen erstaunt wie verwirrt auf die USA schaut, kann die chinesische Führung viel leichter von ihren innenpolitischen Fehlern und Versäumnissen, ihrem eigenen protektionistischen Kurs und der mangelhaften Transparenz ihres Herrschaftssystem ablenken.

Emails an: burkhard.bischof@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2017)

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