Licht- und Schattenseiten Europas

Obligate DefekteEuropa mal 50, 24. März
Im Unterschied zu den meisten anderen Zeitungen listet „Die Presse“ auch die Schattenseiten der EU-Geschichte auf. Das ehrt sie. Wenn aber Jos© Manuel Barroso in seinem Artikel meint, die eigentliche Aufgabe Europas sei ihr Dienst am Bürger, klafft die große Glaubwürdigkeitslücke der EU sofort wieder auf: Es ist für die EU-BürgerInnen doch ganz offensichtlich, dass die EU gerade nicht den Bürgern dient, sondern den Wirtschafts- und Energielobbys, den politischen Eliten und – betrachtet man sich die Gehälter der Eurokraten – der eigenen Brieftasche. Die obligaten Defekte zu großer Staatenbündnisse, Demokratiedefizit, Unflexibilität, Anonymität und Korruption konnte die EU bisher nicht lösen und wird sie auch weiterhin nicht lösen können.

Mag. Dr. Günther Witzany

5111 Bürmoos

Freude auf VolksbefragungWas hätte das für ein Fest und eine Feier in Berlin sein können und welches positive Echo auszulösen vermocht? Und mit welchem Wohlwollen hätten die notgedrungen daheim bleiben müssenden Steuernzahler/-innen registriert, hätten alle am Riesenfest Teilnehmenden, die – so die Kunde – allesamt bestverdienende „Volksvertreter(-innen)“ sind, diesen epochalen Anlass, dabei ihre heimatlichen Steuernzahler(-innen) im Sinne habend genutzt, jene dahingehend zu entlasten, indem sie die horrenden Teilnahmekosten (Reise, Unterkunft, Galadiner etc.) aus eigener Geldbörse beglichen hätten. Auch wenn in Berlin über eine EU-Verfassung nur hinter vorgehaltenen Händen, wenn überhaupt, gesprochen wurde, freue ich mich schon heute auf die nächsten diesbezüglichen Volksbefragungen.

Hans Gamliel

CH-9035 Grub/AR

Hervorragende AnalyseIhre Analyse und Auflistung der Pros und Contras ist hervorragend und umfassend. Ob auch Herr Khol sie lesen wird, der in derselben Ausgabe meint, es bestünde kein Grund für Europa-Frust? Man braucht sich aber in Brüssel eigentlich nur die „Presse“-Contra-Liste herzunehmen und Punkt für Punkt abzuarbeiten. Aber wie sagte schon der legendäre Watschenmann des unvergessenen Jörg-Mauth©? „Es muss etwas geschehen, denn wenn nicht bald etwas geschieht, passiert etwas. Was wird geschehen? Wird mehr geschehen, als dass man sagt, es muss etwas geschehen? Was wird geschehen...“ (Die Stimme verliert sich dann in der Unendlichkeit. Wie in Brüssel.)

Dr. Peter Mitmasser

2351 Wiener Neudorf

Es blieb beim Träumenquergeschrieben, von Andreas Khol, 24. März
Andreas Khol eloquent wie immer und doch ein Schönreder. Zugegeben, die innereuropäische Friedenssicherung ist ein großer Erfolg, zu einem Großteil einer der EU.

Und weiter? Große Träume wurden geboren, aber es blieb beim Träumen. Freier Warenverkehr, freier Wettbewerb als einzige Maxim. Wirtschaftsinteressen vor den Interessen der Mitbürger. Zu Putins Willkür wird geschwiegen. Keine einheitliche Steuerpolitik. Lohn- und Sozialdumping ziehen um, wir tricksen die Deutschen aus, die Slowaken wiederum uns. Wer lässt am weitesten die Hosen hinunter? Und der Hochmut einer Kommission, die es dem Volk immer noch nicht verziehen hat, dass die Franzosen und Holländer mit Nein zur neuen Verfassung gestimmt haben. Wo bleibt das offene Ohr für die Anliegen der Bürger, seiner Bürger?

Und die Moral Europas? Man spricht verächtlich über die Todesstrafe in Amerika und anderswo, europäische Firmen entladen ihren tödlichen Giftmüll in Afrika, Putin sanktioniert Georgien, führt Krieg in Tschetschenien – die Spitzen der EU schweigen.

Europa kann erst funktionieren, wenn man seine nationalen Denkweisen aufgibt und sich als Europäer fühlt, davon sind wir momentan weit entfernt.

Keine einheitliche Außenpolitik, keine einheitlichen Sozialstandards, keine gemeinsames Energiepolitik. Wo sind die Antworten auf die zukünftigen Probleme, aber vorher wird um Rabatte und Agrarsubventionen gestritten. Die EU darf sich nicht nur am Wirtschaftlichem orientieren, sie sollte die Sorgen und Ängste ihrer Bürger ernster nehmen.

Matthäus Grabner

5700 Zell am See

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.03.2007)

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