Holocaust und Tierschutz

Ein Sittenbild: In Deutschland ist es verboten, Massentierhaltung der Shoa gleich-zusetzen. In Österreich nicht.

Darf man KZ-Häftlinge mit Schlachtvieh vergleichen und dies mit „Der Holocaust auf Ihrem Teller“ quittieren? Nein, befand das deutsche Bundesverfassungsgericht 2004, und verbat eine Kampagne des Tierschutzvereins Peta. Die Instrumentalisierung von ermordeten Juden im Dienste des Tierschutzes verletzte die Persönlichkeitsrechte der Holocaust-Opfer und mache noch ihre Nachkommen verächtlich. Am Donnerstag hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte dieses Urteil bestätigt.

Ganz anders hat das im Oktober 2006 der Oberste Gerichtshof in Wien gesehen. Er billigte den Vergleich, weil er dem erlaubten Zweck diene, „in einer von Werbung reizüberfluteten Gesellschaft Aufmerksamkeit für ein Anliegen zu erzielen“. Das ist ein utilitaristisches Argument, dessen Monstrosität jedermann leicht erkennt, der den Vergleich umdreht und nicht Schweine mit Juden gleichsetzt, sondern Juden mit Schweinen – wie es in der Nazi-Propaganda gang und gäbe war.


oliver.grimm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Archivbild: Protestaktion des Vereins gegen Tierfabriken vor dem Parlament am 26. September 2012.
Österreich

SPÖ-Tierschutzsprecher: Neues Gesetz ist "Kompromiss"

Man stehe wegen der EU-Richtlinie unter Zeitdruck, so Keck. Das neue Gesetzt "ist aber nicht für die nächsten 20 Jahre genagelt".
Eine Protestaktion der PETA in Großbritannien
Weltjournal

EGMR weist Tierschützer mit Holocaust-Vergleich ab

"Der Holocaust auf dem Teller" - Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt das Verbot der PETA-Plakataktion in Deutschland.
Wissenschaft

„Wir sind verantwortlich für Tiere, aber auch für Wissen“

Die Novelle des Tierversuchsgesetzes sorgt für heftige Debatten nicht nur unter Tierschützern, sondern auch für Nachdenken in der Fachwelt. Unsere moralische Verantwortung umfasst mittlerweile auch Tiere.
Wissenschaftsminister Töchterle (Mitte) und Tierschützer Martin Balluch (rechts) bei der Podistumsdiskussion.
Österreich

Tierversuche: Tierschützer fordern mehr Kontrolle

Martin Balluch kritisiert den Mangel an Informationen über Tierversuche in Österreich. Wissenschaftsminister Töchterle verteidigt das neue Gesetz.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.