Der Kampf gegen den Zigarettenkonsum ist zur Betreuungssucht der EU-Kommission ausgeartet.
Ich bin Nichtraucher und dankbar dafür, dass in meiner Umwelt heute deutlich weniger geraucht wird als noch vor zehn Jahren. Aber ich trinke gern Kaffee. Es wäre mir eine Qual, wenn auf jeder Kaffeetasse ein blutiges Infarktherz abgebildet wäre. Die Frage des staatlichen Eingriffs in menschliche Laster, wie ihn die EU-Kommission mit ihrer neuen Tabakrichtlinie versucht, ist immer auch eine Frage des Eingriffs in die persönliche Umwelt. Dabei ist sensibel abzuwägen, ob gesundheitliche Vorteile eine solche Bevormundung rechtfertigen.
Das Problem ist, diese Abwägung kann nicht mit Zahlen berechnet werden, obwohl das die EU-Kommission im Rahmen ihres neuen Vorstoßes für noch abschreckendere Zigarettenpackungen versucht. Denn letztlich zählt nur der Mensch mit seiner Eigenverantwortung für sich selbst und die Gemeinschaft. Diese Eigenverantwortung zu fördern, ist die viel schwierigere Aufgabe als das Verordnen von immer strikteren Rauchverboten und das Drucken immer hässlicherer Bilder.
Die EU-Kommission hat ebenso wie die Administration der USA in der Raucherfrage eine Betreuungssucht entwickelt. Sie erhöht immer wieder die Dosis, ohne auf Nebenwirkungen zu achten. Diese Aktivitäten sind kein Beleg für einen bewussten Umgang mit mündigen Bürgern. Die wir aber sein wollen – auch wir Nichtraucher.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2012)