Berlusconis neuer Frühling

Der Cavaliere hat einen starken Verbündeten: das Kurzzeitgedächtnis vieler Italiener.

Silvio Berlusconi ist ein reicher Mann. Er besitzt nicht nur ein gewaltiges Vermögen, er besitzt auch schier unendliches Selbstvertrauen. Berlusconi wurde niemals müde, sich als Traum aller Frauen zu bezeichnen – und als besten Premier, den Italien je hatte. Einiges an seinem Selbstlob war Teil seines höchst eigenwilligen Humors, vieles aber ernst gemeint. Der Cavaliere liebte es, sich als Wundertäter zu präsentieren, der als Einziger Italien retten kann.

Doch Berlusconi hat als Regierungschef keine Wunder vollbracht. Als er vor mehr als einem Jahr sein Amt abgeben musste, steckte das Land tief in der Krise. Was hingegen an ein Wunder gemahnt, ist die Tatsache, dass er nun – trotz allem – wieder im Rennen ist. Auch wenn sich zuletzt viele Wähler kopfschüttelnd von ihm abgewandt haben, geht es mit seinen Umfragewerten nach oben. Dazu hat der Skandal um die Bank Monte dei Paschi beigetragen, aber auch das Kurzzeitgedächtnis vieler, die mit den harten Maßnahmen der Regierung Monti unzufrieden sind, jedoch vergessen haben, wer sie in die Misere manövriert hat; und natürlich Berlusconis Begabung, sich auch mit fragwürdigen Sagern in den Mittelpunkt zu spielen.

Dass Zurückhaltung im Wahlkampf keine Zier ist, zeigt nicht nur Berlusconis dritter (politischer) Frühling, sondern auch das Phänomen Beppe Grillo. Der millionenschwere Komiker geriert sich als Retter des kleinen Mannes und erfreut sich wachsender Beliebtheit. Technokrat Mario Monti wirkt in diesem bunten Umfeld farblos. Die Show, die er den Italienern geboten hat, war ein Sparprogramm. Doch Monti ist genau die Art von Politiker, die Italien braucht.

wieland.schneider@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2013)

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